Ich poste hier mal meine aktuellste Kurzgeschichte, die aus zwei Teilen besteht. Wäre über Kritik dankbar. Wenn ihr aufgrund Formatierungsprobleme etwas nicht versteht, fragt einfach nach Gedanken eines Mannes Das Wasser war angenehm warm.
Es bahnte sich den Weg über seinen Körper. Bei den Füßen angekommen, floss es dann zum Abfluss.
Wie lang stand er schon unter der Dusche? 10 Minuten? Eine halbe Stunde?
Es war ihm egal. Er hatte andere Probleme. Schwerwiegendere Probleme…
Es war kalt. Kein Wunder mit der Jacke abends im Winter. Aber es war ihm egal. Dieser Tag war der beste seit Jahren. Auf dem Weg nach Hause dachte er über vieles nach. Auch über eine mögliche Zukunft mit ihr. Wie sie es auffassen würde, wenn er sie fragte. Wie er sie fragen sollte. Machte er sich zu viele Gedanken? Vielleicht. Aber er wollte sicher gehen; möglicherweise zu sicher…
Er fühlte sich schon freier als vorher. Doch ihn beschäftigte noch immer die Sache mit ihr.
Wie konnte sie so etwas nur tun. Besonders nach allem, was er getan hatte. Er war immer für sie da gewesen. Auch, als sie sich ganz allein gefühlt hatte. Mit all diesen Dingen…
Nachdem sie aus der Entzugsklinik kam, sah sie wesentlich besser aus. Es ging ihr zwischenzeitlich miserabel. Er traf sie jetzt das erste Mal nach etwa 4 Monaten. Also das erste Mal außerhalb der Klinik. In die Klinik kam er so oft er konnte. So oft er durfte.
Ihre Eltern hatten sie verlassen. Ihre „Freunde“ hatten sie auch verlassen. Naja, es waren wohl keine wirklichen Freunde. Der einzige, der blieb war er. Er hatte auch niemanden mehr. Seinen Vater hatte er nie kennengelernt, seine Mutter starb vor 2 Jahren. Sie hatten also nur noch sich.
Es stellte sich heraus, dass dieser Tag noch sehr schön wurde, und beide viel Spaß hatten. Wenn man sie gesehen hätte, würde man denken, dass sie zusammen sein würden. Vielleicht waren sie das auch; er wusste es nicht so genau. Er wollte sie auch nicht fragen oder etwas in der Richtung. Er war froh darüber, dass er Zeit mit ihr verbringen konnte. Und er wollte sie nicht verlieren. Allerdings wollte er schon gerne wissen, wie sie darüber denkt.
Wahrscheinlich fühlte sie nicht dasselbe für ihn, wie er für sie…
Er bemitleidete sich selbst. Warum hatte er sie nicht gefragt? Dann hätte sie es vielleicht nicht getan. Auch wenn sie dann nicht mit ihm gegangen wäre, wäre es immer noch leichter zu verkraften, als dies.
Er drehte das Wasser ab und stieg aus der Dusche aus. Er nahm sich ein Handtuch und begann sich abzutrocknen. Er wollte nicht mehr an die letzten 3 Stunden denken, aber plötzlich überkam ihn die Erinnerung…
Sie hatte gerade Semesterferien und wollte irgendwo hin. Sie entschied sich für Hamburg.
Da sie ihm nicht zur Last fallen wollte, nahm sie sich ein Zimmer in einem billigen Hotel.
Ihm gegenüber hatte sie es kurz am Telefon erwähnt, aber sie würde sich wohl wundern, warum er plötzlich an ihrer Zimmertür klopfen würde. Er hatte es sich jedoch genau gemerkt.
Jedenfalls war er gerade auf dem Weg zu ihr. Er hatte einen Strauß Blumen und ein kleines Lebkuchen Herz bei sich. Auf dem Herz stand: „Willst du mit mir gehen?“. Er hatte sich gedacht, wenn er es schon nicht sagen kann, dann wenigstens auf diese Weise.
Im Hotel angekommen fragte er an der Rezeption nach der Zimmernummer. Die Frau schaute nach und sagte ihm dann etwas verdutzt die Zimmernummer. Er dachte sich nichts dabei, doch er hätte gar nicht erst weiter gehen sollen. Nun nahm alles seinen Lauf.
Vor der Zimmertür stand er nun. Er sortierte nochmals seine Worte und Sätze, dann wollte er anklopfen. Doch er bemerkte, dass die Tür offen war. Also ging er einfach so hinein. Er wollte sie überraschen. Wieso wollte er sie bloß überraschen? Er hätte anklopfen sollen. Oder gar nicht erst hochgehen.
Also ging er hinein. Je weiter er rein ging, desto lauter wurden die Geräusche. Es war ähnlich einem Gestöhne. Ganz leise, jedoch wurde es immer lauter. Er hätte noch umdrehen könne, das alles nicht zu Gesicht bekommen, aber er realisierte erst zu spät, was für ein Gestöhne das war. Als er in das Zimmer trat, saß sie auf einem unbekannten Mann. Nackt. Die Tür muss wohl bei dem wilden Liebesspielchen einfach vergessen worden sein. Sie bemerkte ihn und ihr Gesichtsausdruck wandelte von erregt über auf entsetzt. Er konnte deutlich die Frage in ihren Augen sehen: „Was macht er hier?“ Das fragte er sich nun auch. Was machte er hier?
Sie versuchte etwas aus ihrem Mund herauszubekommen. Es klang etwa wie: „Du? Hey, es tut mir wirklich leid…ich wollte das gar nicht…“
Eine Welt brach für ihn zusammen. Innerhalb einer Minute hatte sich sein ganzes Leben um 180° gedreht. Er versuchte, Ruhe zu bewahren. Ganz ruhig sagte er: „Schon in Ordnung…“ Eigentlich war nichts in Ordnung. „…Es scheint wohl meine Schuld zu sein. Ich habe dir etwas mitgebracht. Hier.“ Er zeigte ihr das Herz, die Blumen hatte sie längst gesehen. Der Unbekannte guckte etwas verdutzt. Er sprach weiter: „Ich lasse das Herz hier. Die Blumen auch. Dann kannst du dich zumindest immer an denjenigen erinnern, dem du am meisten wehgetan hast.“ Jetzt begriff sie. Sie erkannte, was auf dem Herz stand. Eine Träne rollte über ihre Wange. „Nein, bitte nicht!“
Er legte das Herz und die Blumen auf den Tisch in dem Raum. Dann drehte er sich zur Tür und ging. Sie sprang auf und rannte ihm hinterher. Es war ihr egal, dass sie nackt im Hotelflur stand. Sie hielt ihn fest. „Bitte, geh nicht. Du bist doch alles, was ich habe.“ Er nahm ihre Hand sanft von seiner Schulter. „Hör zu“, sagte er ruhig. „Ich will dir nicht wehtun, oder dich anschreien. Aber das hättest du dir vorher überlegen sollen.“ Von den Tränen war ihre Schminke total verlaufen. Sie weinte immer noch. „Ich werde nun gehen. Du wirst mir nicht folgen“, sagte er. „Vergiss mich einfach. Oder hast du das schon längst getan?“ Er drehte sich um und ging den Flur hinunter. Sie ließ sich auf ihre Knie fallen und begann zu schreien.
Er hörte es, ging aber trotzdem weiter.
Als er sich daran erinnerte, lief ihm auch eine Träne über die Wange. Er musste auch noch die nächsten Tage daran denken. Er wollte sie vergessen. Das würde ihm aber nie gelingen.
Ein paar Tage später las er in der Zeitung, dass eine junge Frau Selbstmord begangen hat. Sie war es gewesen.
Der Zustand der Verzweiflung, in dem er jetzt war, lässt sich mit Worten nicht beschreiben.
Ab diesem Augenblick wollte er keine andere Frau mehr.
Er würde einsam sterben.