Entführung in eine fantastische Welt..
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Entführung in eine fantastische Welt..

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BeitragThema: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:18 pm

Ich gebe mal ein Beispiel und fange mit meiner eigenen Geschichte an...die übrigens irgendwo hier weitergeführt wird pirat
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:19 pm

Versch(t)ollen

Teil 1
Stille. Kein Laut war zu hören. Nur das leise Tropfen und Rauschen, das entsteht, wenn der Regen die Blätter berührt und über die Blattspitzen nach unten abtropft, um im Boden zu verschwinden und eine nasse, matschige Masse aus Sand, Erde und Moos zu hinterlassen.
Stefanie fröstelte. Der kühle Wind umspielte ihr Haar, bauschte es auf und ließ es tanzen. Sie stand ganz still, wollte sich nicht bewegen. Ihr nasse Kleidung klebte ihr am Körper, formte ihn nach und betonte ihre weibliche, anmutige Gestalt. Ein Schauer ließ sie zittern und dennoch blieb sie stehen wo sie war und starrte in die Dunkelheit hinaus.
Bäume um sie herum, seltsam verzerrt und in bizarrer weise Weise verformt, deren Äste wirkten, als ob sie jeden Moment nach ihr greifen und sie zerreißen wollten. Der Wind sauste durch einige Löcher im Boden und zwischen den fingerartigen Ästen, wodurch ein unheimliches Pfeifen entstand, das durch Mark und Bein ging. Doch Stefanie realisierte es nicht.
In ihr tobte der Schmerz, wühlte sie auf und fraß sich bis in ihr Innerstes. Mit ihm kam die Verzweiflung, die sich ihren Weg nach oben bahnte und sich schließlich entlud. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Warum...Diese Frage ließ ihr keine Ruhe, quälte sie Tag für Tag, Nacht für Nacht, 24 Stunden lang ununterbrochen.
Am liebsten würde sie schreien, aber sie wusste, dass sie keinen Ton herausbringen würde. Sie wollte rennen, aber sie vermochte nicht einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ihr Körper war wie aus Eis, erstarrt, unfähig sich zu bewegen und kalt. Sie fühlte die Kälte an sich hoch kriechen, in ihre Sachen schlüpfen und sie umarmen.... und langsam in einen Schleier hüllend, der all die Schmerzen vertrieb, sie in eine Ruhe bettete und sie sich zur Sklavin machte, dank ihrer Unfähigkeit, sich zu bewegen. Vielleicht wollte sie sich auch nicht bewegen, wollte nie mehr von diesem Platz weg, wollte an diesem Ort sterben. Ihre Lippen pressten sich in einem innenern Krampf zusammen, sie wollte sie still halten, biss darauf. Zu fest. Der metallische Geschmack von Eisen legte sich auf ihre Zunge und ein warmer Tropfen lief ihr Kinn herunter. Sie spürte es nicht einmal. Ihre Gedanken rasten, standen nicht still.
Die Kälte begann ihr mehr und mehr zuzusetzen. Sie sah Farben, die vor ihren Augen tanzten, sich ausbreiteten, die irgendwo bei Gelb begannen, zu Orange wechselten und dann in ein warmes Rot schmolzen, um Sekunden später ein zartes Grün zu offenbaren, das sich über Türkis zu einem satten Blau entfaltete. Die Farben nahmen alle möglichen Formen und Gestalten an, die man sich denken konnte. Stefanie griff in die Dunkelheit, wollte sie berühren, mit ihnen verschmelzen, in diesen Strudel hineingesogen werden, der soviel Wärme und Glück versprach. Doch sie griff ins Leere. Die Farben begannen sich um sie zu drehen, rasten auf sie zu. Sie griffen sie an, stachen in ihren Körper wie kleine, scharfe Messer, ritzten sich in ihre Haut und hinterließen dort feine Schnitte.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:20 pm

Teil 2
Erst später realisierte Stefanie, dass diese Schnitte nicht real waren, sondern lediglich weitere Narben auf ihrer Seele aufgerissen worden waren. Noch nicht einmal ganz verheilt und doch schon wieder offen. Sie wollte das nicht mehr. Langsam hob sie die Hand und wischte sich Blut und Tränen aus dem Gesicht. Sie war immer noch in Gedanken versunken und nicht ganz anwesend, in der realen Welt. Sie bereitete ihr momentan zu viel Schmerz, als dass sie es hätte aushalten können ohne diese Flucht in eine andere Welt.
Sie hatte etwas verloren, was ihr so wichtig gewesen war wie nichts auf der Welt. Etwas, das man nicht ersetzen konnte, und das man nicht wiederbekommen konnte, egal, was man dafür tun würde. Eine weitere Welle des Schmerzes brach über die junge Frau herein, floss durch ihren Körper wie Strom und lähmte sie zunehmend. So stand sie still, wartete. Worauf, wusste sie selber nicht. Dass der Schmerz ein Ende nehmen würde? Dass sie zurückbekommen würde, was sie so sehr brauchte? Sie starrte geradeaus durch die Dunkelheit auf eine Lichtung. Die Wolken rissen auf und gaben ein Wolkenloch frei, wodurch sich der Mond seinen Weg bahnte und sein fahles, kaltes Licht nach unten warf.
Stefanies Gesicht schien in Silber getaucht. Das Licht hob ihre feinen Züge hervor und selbst im Halbdunkel konnte man ihre großen, braunen Augen erkennen, die nun verzweifelt gen Himmel blickten. Der Regen benetzte ihre Haut und lief an den Seiten nach unten.
Plötzlich stieß sie einen Schrei aus, in dem sie alles mit hinaus schickte, was sie fühlte. Der Schrei ließ die Luft um sie herum klirren, breitete sich aus und schien alles um sie herum zu verzaubern. Nichts regte sich mehr. Der Regen hörte urplötzlich auf und nur noch das Nachtropfen des Wassers, das sich auf den Blättern der Bäume gesammelt hatte, war zu hören. Sonst war alles still. Die Stille erschien Stefanie so laut, dass sie es kaum auszuhalten vermochte. Das Blut rauschte in ihren Ohren, sie zitterte. Die Schwäche kroch in ihr hoch, zwang sie zu Boden. Sie hielt sich an einem Ast fest, senkte den Kopf und schaute nur noch auf die kleinen Rinnsale, die vor ihr den Hügel hinunter rannen und irgendwo zwischen den Blättern verschwanden, um von dort aus unsichtbar weiter zu fließen zu einem Ort, der weit weg war, weit entfernt von Schmerz und Leid. Sie fragte sich, ob es irgendwann ein Wiedersehen geben würde, wo Verlorenes wiedergefunden und Verzweiflung ausgelöscht würde. Sie hoffte darauf . Die Zeit war so schnell verronnen, und man konnte sie nicht zurückdrehen. Es blieben nur Erinnerungen, die zum schmunzeln brachten , aber auch schmerzlich sein konnten. Sie hatte Angst, sie könnte etwas vergessen, was gesagt worden war, was getan worden war, dass sie auch nur ein bisschen vergessen, und damit verlieren, konnte, was sie erlebt hatte. Sie wollte es in ihrem Herzen behalten, bis ihre Zeit vorüber war und sie vielleicht das erwarten würde, was sie sich bis ins Unermessliche wünschte.
Resigniert kniete sie auf dem nassen Boden, ließ den Ast nicht los, der ihr Halt gab in dieser Stunde, wo niemand ihr helfen konnte, wo sie alleine war mit ihren Gedanken und ihrer Verzweiflung.
Sie wollte niemanden sehen, war nur gerannt, gerannt bis ihre Lungen zu bersten drohten und nur noch nach Sauerstoff schrien.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:20 pm

Teil 3
Es war ein schwerer Schlag gewesen, als es ihr gesagt worden war. Es schien ihr, als wäre es gestern gewesen. Sie erinnerte sich an Worte, Berührungen, alles, was sie miteinander verbunden hatten. Sie hatte einen Schatz verloren und eine Lücke in ihrem Leben bekommen, die nicht mehr zu füllen war. Niemals. Die Erinnerungen schmerzten, jede einzelne von ihnen. Was für eine glückliche Zeit war es gewesen. Eine glückliche Zeit, die viel zu kurz angedauert hatte. Es gab noch so viel zu sagen, und nichts davon konnte sie nun weitergeben. Sie würde es mit sich tragen bis an ihr Ende und es hing an ihr wie eine schwere Last. Stefanie war nicht in der Lage sie zu tragen. Nicht so lange sie nicht wusste, was passiert war. Wie es dazu hatte kommen können. Warum es passiert war. Warum. Und warum keiner es hatte kommen sehen. Schwere Vorwürfe und Gewissensbisse quälten die junge Frau. Sie hatte gedacht, sie wüsste viel, vielleicht sogar alles . Und doch zweifelte sie nun daran. Warum. Niemand hatte etwas geahnt. Es schien pure Lebensfreude um sie herum gewesen zu sein, soviel Lachen und schöne Erlebnisse. Vielleicht hatte sie es verdrängt. Vielleicht hatte sie es nicht sehen wollen. Nun war es zu spät. Sie dachte an den Augenblick, wo man ihr gesagt hatte, was passiert war. Überall waren Gesichter gewesen, die Verzweiflung und Trauer spiegelten. Stefanie hatte es nicht glauben wollen. Sie hatte gegen die Tränen gekämpft, mit aller Macht, doch sie hatte sie nicht zurückhalten können. Und nun wollte sie wissen warum.
Warum Thomas tot war.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:20 pm

Teil 4
Um sie herum wuchs die Mauer aus Verzweiflung. Sie hatte Angst in dem Strudel zu versinken und bekam das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Sie schnappte nach Luft.
Aus der Dunkelheit hinter ihr löste sich eine Gestalt. Stefanie bekam es nicht mit. Sie war versunken in sich und dem Strom ihrer Gedanken, von Gefühlen erfüllt, die sie nur loswerden wollte. Arme schlangen sich um das Häufchen Elend, das am Boden saß und schoben die Hände unter ihrer Körper. Sanft hob er Stefanie hoch, die sich an ihn schmiegte und festhielt. Niemals wollte sie mehr loslassen. In den Armen fühlte sie sich sicher und geborgen, sie wollte nicht, dass das aufhörte und krallte sich in das dunkle t-shirt.
„Shhh.....“, sagte leise die angenehme Stimme. „ich bin da....ich bin da....“
Stefanie konnte nur noch weinen. Die Tränen rollten über ihre Wangen zum Kinn. Dort sammelten sie sich, tropften herunter auf das Shirt. Es würden wohl feine,salzige Ränder bleiben, aber momentan war das völlig unwichtig. Hemmungslos schluchzend wurde sie weggetragen, weg von dem Ort an dem er 2 Wochen zuvor gefunden worden war. Das Zyankalidöschen noch in der verkrampften Hand, die Augen weit aufgerissen und unendlich blass hatte er auf der Lichtung gelegen.
Er war verschwunden, acht Tage davor, und hatte sich nicht mehr gemeldet. Das Handy war ausgeschaltet.. Dann fand ein Spaziergänger die Leiche eines jungen Mannes und es stellte sich heraus, dass er es war. Thomas. Es konnte nicht sein. Er konnte nicht tot sein. Schluchzend drängte Stefanie sich an die starke Schulter, die ihr geboten war, während er sie durch das Waldstück trug. Sie wollte die Zeit zurückdrehen, wollte, dass alles wieder so war wie vorher. Aber nichts in der Welt konnte das bewirken. Die Grenze zwischen Leben und Tod war groß, zu groß um sie zu überwinden, mit Ausnahme dem Fall, man würde selber sterben. Sie fragte sich, ob er gerade auf sie herab blickte, sie sah. Er wäre bestimmt gerne länger geblieben. Bei ihnen. Was hatte ihn nur veranlasst, so einen Mist zu machen? Er wusste doch, dass er immer mit Steff hatte reden können. Immer. Er hatte das doch immer genutzt bisher. Was war nur so schlimm, dass er nicht darüber hatte sprechen wollen oder können? Und Hannes.... wie schaffte er es nur, ihr soviel Halt zu geben, wo es ihm doch selber total scheiße ging? Er musste sich noch schlimmer fühlen, es war doch sein Bruder gewesen!! Trotzdem hielt er sie fest, ließ sie nicht los, in dieser Zeit... Ohne ihn hätte sie nicht gewusst, was sie tun sollte. Sie fühlte sich so leer. Noch dazu zerrissen die Medien sich über das Drama. Überall sah man Schlagzeilen wie „Selbstmord- Gitarrist von Silbermond tot im Wald aufgefunden“ und „Silbermond -Gitarrist Thomas begeht Selbstmord“.
Stefanie wollte nicht mehr nach draußen gehen. Sie saß die meiste Zeit im Tourbus auf ihrem Bett, die Knie angezogen und die Arme darum gelegt. Sie standen seit Wochen an Ort und Stelle mit dem Tourbus, weil Thomas dort verschwunden war. Sie hatten gewartet, gehofft, gebangt. Es war alles umsonst gewesen. Alle Hoffnung. Die Welt war über den 3 Monden eingestürzt.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:21 pm

Teil 5
„Hallo!Hallo?“ Bumm. Bumm. Bumm. Es klopften morgens um vier Uhr 2 Polizisten an die Tür des Busses. Stefanie hatte die letzten Nächte nicht schlafen können. Sie war total fertig und hoffte auf ein Lebenszeichen von Thomas. Unzählige Male hatte sie versucht ihn anzurufen, immer ging die Mailbox ran. Wie oft sie schon darauf gesprochen hatte wusste sie nicht. Die Aufnahmen des Bandes wurden immer flehender, immer verzweifelter, doch es kam kein Rückruf. Die Handys der 3 Monde blieben stumm und still.
Johannes und Andreas konnten ebenso wenig schlafen und so saßen sie nur stumm um den Tisch herum, starrten aus dem Fenster, liefen im Kreis und wurden verrückt vor Sorge. Das Ticken der Uhr trug nur noch dazu bei, das sie immer nervöser wurden.
Sofort beim ersten Klopfen sprang Stefanie auf und rannte zur Tür, riss sie auf und starrte die beiden Polizisten an. Diese sahen sehr bedrückt aus, und schauten der jungen Frau ins Gesicht. Man sah ihr an, dass sie nicht geschlafen hatte. Dunkle Ringe unter ihren Augen, verwuscheltes Haar und müdes Aussehen drückten die Situation aus. Als Stefanie die Polizisten sah, ahnte sie schon etwas. Sie wich zurück und flüsterte „Nein!“. Die Mützen hielten die beiden Polizisten so verkrampft fest, dass die Knöchel weiß hervor traten. Es fiel ihnen immer schwer, so eine Nachricht zu überbringen.
„Frau Kloß?“
„Stefanie konnte nicht sprechen. Sie nickte nur stumm.
„Dürfen wir reinkommen?“
Wieder nickte sie, gab die Tür frei und ging in den Bus nach oben zu Johannes und Andreas.
Diese hoben sofort die Köpfe als sie die Polizisten sahen, dann blickten sie fragend und ängstlich auf Stefanie.
Diese schaute sie nur an, sagte keinen Ton. Mit sanfter Gewalt schob einer der Polizisten sie in Richtung eines Sitzes und bat sie darum sich zu setzen.
In diesem Moment stieg die Angst in ihnen allen auf, mit dem Bewusstsein, dass etwas passiert sein musste.
„Hubertes mein Name. Ich bin von der Kriminalpolizei Bonn..Es tut uns sehr leid.....Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Bruder“-er warf einen Blick auf Johannes-“vor einigen Stunden von einem Spaziergänger tot aufgefunden wurde. Es deutet vieles darauf hin, dass es unter Umständen Selbstmord gewesen sein könnte.. Er wurde ins die Pathologie gebracht, wo festgestellt werden soll, wann der Zeitpunkt des Todes war und wodurch er herbei geführt wurde.
Leider müssen wir Ihnen allerdings noch ein paar Fragen stellen, bevor wir gehen.“
Stumm nickte Johannes. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Ihm lief in stummer Verzweiflung eine Träne übers Kinn, die in seinem Bart hängen blieb. Klar und glitzernd wie ein Kristall. Stefanie saß in einem Sessel und war wie gelähmt. Sie wollte es nicht wahr haben, verdrängte den Gedanken. Er war doch vor 5 Tagen noch bei ihnen gewesen. E hatte mit ihnen gelacht, noch seine Witzchen gerissen. Dann war er losgegangen um Kaffee zu holen. Und von dort an blieb er verschwunden.
„Bei ihm wurde ein leeres Döschen gefunden, in dem Zyankali gewesen war. Wissen sie etwas von Depressionen oder Problemen, die er hatte?“
Johannes schüttelte stumm den Kopf. Es war nichts dabei gewesen, was so gravierend gewesen wäre, dass Thomas sich das Leben genommen hätte. Natürlich hatte man hier und da kleine Probleme, aber das war nur Menschlich und zu lösen gewesen.
„Gut...hatte er irgendwelche Feinde?“ fragte der Polizist weiter, während der andere sich alles notierte.
Wieder schüttelte Johannes stumm den Kopf. Nein, Feinde hatte Thomas nicht gehabt. Es gab einige, die Silbermond nicht sonderlich mochten, aber Feinde direkt hatten die Band nicht. Zumindest keine, von denen sie wussten.
„Okay....das war´s dann auch erstmal. Wir melden uns, falls wir noch etwas entdecken oder wissen wollen, und falls ihnen noch etwas einfällt....“Er holte eine Visitenkarte aus der Innentasche seiner Jacke und legte sie vor Johannes auf den Tisch, „können sie uns jederzeit erreichen.“
Keiner der Monde reagierte. Andreas saß fassungslos da, Johannes liefen nun Tränen die Wange hinunter und Stefanie hatte eine Decke um sich gewickelt, wippte vor und zurück. Sie biss sich auf die Unterlippe, und auch ihr liefen Tränen die Wangen hinunter. Fassungslosigkeit im ganzen Tourbus. Die Polizisten gingen leise und betreten. Sie hassten es, diese Nachricht vom Tod eines Menschen überbringen zu müssen.
Die 3 Monde aber blieben allein und verzweifelt zurück.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:22 pm

Teil 6
Die Nacht überstand Stefanie nur schwer. Aber das war nichts besonderes mehr. Die letzten Wochen schliefen alle sehr schlecht, wenn überhaupt. Und wenn sie tatsächlich schlafen konnten für einige Zeit, wurden sie von Alpträumen heimgesucht. Oft hörte man Stefanie schreiend aufwachen und hört ihr leises weinen, bis sie wieder einschlief und sich erneut unruhig hin und her wälzte. Es wurde Morgen, es wurde Nacht, und nichts änderte sich. Die Stimmung blieb die Gleiche und im ganzen Bus war es sehr, sehr still. Es wurde nur das Nötigste geredet und besonders Stefanie fiel auf, da sie sonst besonders viel redete. Nun aber war sie still und blass. Sie kränkelte, übergab sich oft und verbrachte die meiste Zeit im Bett. Ein Arzt wurde gerufen,doch der sagte nur es wäre die Folge des Schocks, schrieb ein Beruhigungsmittel auf und ging wieder. Keiner wusste, wie er ihr helfen sollte, da sie nur noch abweisend war. Sie hatte begonnnen, eine Mauer um sich zu bauen, durch die sie sich schützte. Sie ließ niemanden an sich heran und kapselte sich völlig ab. Nur selten kam sie aus ihrem Schneckenhaus heraus und sobald sie merkte, dass sie vielleicht zuviel gesagt haben könnte, zog sie sich wieder zurück und versteckte sich noch mehr als zuvor.
Sie bekam den Großteil der Aufmerksamkeit, da sie es scheinbar tiefer getroffen hatte, als sie es sich und anderen jemals zugestehen konnte. Dabei blieb allerdings etwas auf der Strecke, dass auch Hannes es nicht leicht hatte. Thomas war sein Bruder gewesen. Er hatte ihn sein ganzes Leben lang um sich gehabt, kannte ihn besser als jeder andere. Und von einem Tag auf den anderen war er brutal aus den Leben der 3 gerissen worden und niemand wusste, was das veranlasst hatte. Man konnte nichts und niemandem die Schuld geben, denn Thomas hatte dieses Geheimnis mit sich genommen, in eine Welt, in die ihm niemand folgen konnte, ohne selber dort zu bleiben. In Stefanie wuchs der Wunsch, ihm zu folgen. Je mehr sie darüber nachdachte, desto stiller wurde sie, und je stiller sie wurde, desto mehr Sorgen machten die anderen sich. Doch keiner kam zu ihr durch. Selbst Hannes nicht, der sie einmal in einem plötzlichen Ausbruch anfuhr:
„Was soll das eigentlich, Stefanie? Du fühlst dich hier anscheinend wie jemand besonderes, aber das bist du nicht. Ich, war sein Bruder, ICH, und er ist weg, weg verstehst du-weg!! Also tu nicht so, als ob du ihn mehr vermissen würdest wie ich, denn das ist unmöglich, unmöglich hörst du???“
Stefanie hatte nichts darauf gesagt. Sie starrte Johannes nur an, dann rannte sie nach draußen. Johannes brach in diesem Moment zusammen. Es entstand ein großes Durcheinander, Stefanie war weg, Johannes hatte einen Nervenzusammenbruch und Andreas wusste vor Schreck nicht was er machen sollte. Einer der Techniker rannte hinter Stefanie her, Andreas rief den Notarzt und das Durcheinander wurde langsam geordnet.
Johannes bekam ein Beruhigungsmittel und schlief, Stefanie war außer sich. Sie hatte einen Weinkrampf und musste in den Tourbus fast getragen werden. Auch sie bekam eine Spritze und schlief vorerst.
Andreas saß nun alleine im Bus, starrte durchs Fensters und beobachtet den Regen, der in kleinen Rinnsalen an der Scheibe herunterlief. Kleine Tropfen vereinigten sich und liefen in einem neu entstandenen Rinnsal herunter. Seine Augen wurden feucht und er erinnerte sich.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:22 pm

Teil 7
Es war noch sehr früh. Andreas war normalerweise immer als Erster wach, doch diesmal stand zu seiner Überraschung Thomas vor ihm. Er grinste ihn freundlich an und meinte „Frühstück“. Andreas grinste zurück und goss sich einen Kaffee ein. Es dampfte aus der Tasse und während der Kaffee die Gelegenheit bekam, etwas abzukühlen, machte sich Andreas ein Brötchen. Herzhaft biss er hinein und schmeckte den süßen Genuss von frischer Erdbeermarmelade auf der Zunge. Thomas saß still am Tisch und schien etwas in Gedanken zu sein. Andreas wollte wissen, was los ist und fragte ihn grinsend:
„Thomas? Schläfst du noch?“
Thomas blickte verwundert auf und schaute ihn an, als käme er von einem anderen Stern oder hätte eine Kartoffel als Nase.
„Was?“
Nun war es an Andreas verwundert zu schauen. Solche Reaktionen waren ganz und gar nicht Thomas Art.“Ich habe dich gefragt, ob du noch schläfst....aber das hast du ja nun indirekt beantwortet“ Er verkniff sich ein weiteres Grinsen.
„Oh....gut“ sagte Thomas und wandte sich mit einem unüblichen Eifer dem schmieren seines Brötchens zu.
“Okayyyyy....nun raus mit der Sprache. Was ist los?“ forderte Nowi Thomas auf. „irgendwas ist doch. Du kannst es nicht verbergen..“
„Mhhh....was soll denn los sein?“ fragte Thomas belanglos und biss in sein Brötchen. Kurz darauf verzog er das Gesicht, spuckte und hustete.
„Nun ja...du schmierst dir sonst auch keinen Senf statt Pfirsichmarmelade aufs Brot “ sagte Andreas und grinste schelmisch.
Mit Tränen in den Augen sah Thomas Andreas an. Bautzener Senf war scharf und das sah man ihm nun auch an.
„Also gut. Es gibt da etwas, was mich ...sagen wir mal beunruhigt.“, sagte Thomas stirnrunzelnd, während er den Tisch abwischte. Andreas sagte nichts und wartete. Thomas zögerte, doch dann sagte er:
„Heute morgen konnte ich nicht mehr schlafen. Seit um 5 ungefähr hab ich mich nur noch rumgewälzt. Halb 6 bin ich schließlich aufgestanden, hab mich angezogen und bin eine Runde durch die Stadt gegangen. Dort habe ich bemerkt, dass jemand mich verfolgt hat. Also.. ich bin mir nicht sicher. Aber der Typ ist immer wieder aufgetaucht. Na ja.. kann auch Zufall gewesen sein.. Denk jetzt nicht ich bin paranoid.“
Thomas verzog das Gesicht zu einem grinsen, aber er konnte nicht ganz verbergen, dass er sich sicher war, verfolgt worden zu sein.
„Mhh.. nein, denke ich nicht. Aber warum sollte dich jemand verfolgen?“ hakte Andreas nach.
„Ach.. keine Ahnung. Ich sag doch, wahrscheinlich war es gar nicht so und der war einfach zufällig da. Ist ja auch egal...Jedenfalls ist der Kaffee alle und wenn Steff nachher aufsteht und nicht ihre Tasse Kaffee bekommt, ist sie heute zu nichts zu gebrauchen.“
Damit beendete Thomas das Gespräch und ging die Treppe hinunter, um Kaffee zu holen. Andreas war sich sicher, dass Thomas etwas verschwiegen hatte, aber er würde es noch herausbekommen -dachte er sich.
Doch Thomas kehrte an diesem Tag nicht zurück.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:23 pm

Teil 8
Andreas seufzte. Er dachte schon die ganze Zeit darüber nach, was Thomas verschwiegen hatte. Nach so langer Zeit gemeinsam kannte man sich sehr gut untereinander und es war offensichtlich gewesen, dass etwas nicht stimmte. Er stand langsam auf, stützte sich dabei auf dem Tisch ab. Langsam ging er zum Schrank, zog eine Schublade auf und nahm ein Buch heraus. Es war sein Tagebuch, das er seit geraumer zeit führte und er hatte es als philosophisches Buch getarnt, weil er wusste, dass sich keiner außer ihm dafür interessierte. Er sich einen Stift und ging mit beidem zurück zum Tisch wo er es langsam aufschlug und darin blätterte. Einträge sprangen ihm entgegen, er las überall Thomas. Er schien sie alle zu verfolgen, als wollte er nicht vergessen werden, wollte an sich erinnern und ihnen zeigen, dass er mal da gewesen war, mal dazugehört hatte.

„Thomas kam heute mit einer Idee ins Studio, die uns alle sehr beeindruckt hat. Es ist ein Song, der heute fertig geworden ist und er wird wohl „Das Beste“ heißen. Eine Version wir nur mit Klavier und Stimme sein, eine andere auch mit Einsatz von Schlagzeug und CO. Es ist ein wahnsinnig schönes Lied und es hat uns alle auf Anhieb verzaubert....“

„Heute haben wir in Wetzlar gespielt. Es war der Hammer, so viele Leute die uns empfingen. Hannes und Thomas haben wieder eine Glanzleistung gebracht mit ihrem Bruderduell.....“

„Diese Tage sind wir dabei Oberhausen unsicher zu machen. Stefanie hat kaum geschlafen und auch Thomas, Hannes und ich müssen zugeben, dass wir nicht schlafen konnten. Eine DVD zu drehen ist schon etwas ganz besonderes und man möchte ja alles richtig machen....“

„Wir stellten uns heute unserer Vergangenheit. Auf die DVD soll noch etwas vom Dachboden, also kramten wir alte Video von uns raus. Dabei kamen Lieder ans Tageslicht, die Thomas damals nicht gut fand und wegwerfen wollte. Seine Begründung: „Die waren halt anders“ Wink Aber man verzeiht es ihm, damals hatte er auch noch eine schlechte Frisur (-wie wir anderen auch. Stefanie trug in unserem ersten Musikvideo sogar einen Rock! Sie sagt, sie sah darin aus wie ein Wurzelzwerg, dabei fand ich das gar nicht so schlimm)....“

„Bautzen -endlich wieder mal daheim. Thomas hat sich das Auto seiner Eltern geschnappt und uns kurzerhand durch die Gegend kutschiert. Wir waren mal wieder im TIK und im Kesselclub, wo wir damals unsere Anfänge fanden.....“


„Bald beginnt unsere Open Air Tour 2007 und wir alle freuen uns schon riesig darauf! Thomas, Hannes,Stefanie und ich hatten die Idee, mal etwas neues reinzubringen und so entstand „Seh´n wir uns wieder“...Thomas sagte, dass es mit Sicherheit gut ankommen wird und bisher hatte er immer Recht. Er hat einfach ein Näschen für solche Sachen...“
Andreas schlug das Buch zu. Er atmete in schnellen, kurzen Stößen, als ob er gerade kilometerweit gelaufen wäre. Dann besann er sich eines Besseren und schlug es wieder auf, diesmal von hinten, damit er nicht lesen musste, was er vorher geschrieben hatte. Die Erinnerungen schmerzten zu sehr.
Eine weiße Seite vor sich, nahm er langsam den Stift. Er wollte sich der Gegenwart stellen, wollte nicht davonlaufen. So begann er zu schreiben.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:23 pm

Teil 9
„Es ist nun 2 Wochen her, seitdem Thomas weg ist. Und es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Vor 6 Tagen kam die Polizei und wir alle hatten wohl schon diese Ahnung...die sich leider bestätigte. Stefanie ist am Boden zerstört und kann nicht mehr. Ich glaube, neben Hannes hat sie es wirklich am Schlimmsten erwischt. Es ist für uns alle hart... Thomas...Es wurde von der Vermutung auf Selbstmord gesprochen, doch ich kann und will das einfach nicht glauben. Thomas war so ein fröhlicher, lebenslustiger und aufgeschlossener Mensch, er hätte sich niemals umgebracht. Irgendetwas muss geschehen sein. An Selbstmord glaube ich nicht. Eigentlich tut es keiner von uns, auch, wenn nicht jeder es ausspricht. Ich weiß einfach nicht weiter. Stefanie lässt niemanden mehr an sich ran, Hannes ist am Boden,... sein Bruder. Ich bin untröstlich. Er schlief mir gegenüber und ich habe oft gesehen wie er im Schlaf gegrinst hat. Oder wie er manchmal im Schlaf geredet hat. Er redete manchmal unverständliches Zeug, es war wirklich lustig ihm zuzuhören. Nun wird das Bett leer bleiben. Es wird kein grinsender Thomas mehr darin schlafen. Einer weniger wird mit uns am Tisch sitzen und essen. Wir bekommen eh kaum etwas runter. Es bleibt uns wortwörtlich im Hals stecken, wenn wir auf den leeren Platz starren. Ich frage mich, ob er jetzt im Himmel ist und auf uns herab blickt. Das würde ihm bestimmt gefallen, mal von oben auf uns herab zu schauen. Aber er würde uns fröhlich sehen wollen. Und er wäre traurig, wenn wir es wären. Er war immer der Spaßvogel in unserer Truppe, wollte jeden aufmuntern. Nur Steff konnte ihn noch übertreffen -meistens zumindest. Manchmal war sie sehr launisch, vor allem wenn ihr kalt war (und ihr ist ständig kalt!) . Nun spricht sie kaum noch und ich mache mir solche Sorgen. Das ist nicht mehr normal.
Ich möchte nur wissen, warum das alles. Es lief alles so gut für uns, die Tour, das Album, die neuen Songs, von denen noch niemand da draußen einen Schimmer hatte. Er hat sich wieder selber übertroffen... Er war an einem Text für ein Lied, den hat er mir mal vorgesungen. Es gab keine Gelegenheit für ihn, ihn zu beenden. Der Anfang ging so:

Wir laufen durch die Straßen
Als Schatten unsrer selbst,
warten auf den Moment,
in dem du das Dunkel erhellst
hören viel Gemurmel,
verschwinden oft im Raum
die Zeit trägt uns nur weiter
wir merken es oft kaum

zu viel erlebt,
zu viel gesehen,
wie soll´s nur mit uns weitergeh´n?

Zu viel verpasst,
zu viel verschenkt
ich spür, wie es uns weiterdrängt

Refrain:
Bleib nicht stehen
Lauf um die Welt
Stillstand ist nicht das, was zählt
versink nicht in Vergangenheit
Die Folge ist nur Einsamkeit
Mit Blut bezahlt
fällst in ein Loch,
im Kampf stirbst du am Ende doch....

Ich denke mit etwas Überarbeitung hätte daraus wirklich etwas werden können. Es war eine Idee von ihm, und der Text beinhaltet viel wahres. Aber er war sehr depressiv. Ich frage mich, wie er dazu kommt, so etwas zu schreiben. Wo er sonst so positiv war. Auf was hat er das bezogen? Gab es etwas, was wir nicht wussten? Ich vermute er hatte ein Geheimnis und wollte sich keinem anvertrauen. Das wirft die nächsten Fragen auf. Warum wollte er es keinem sagen? Er sagte etwas von einer Verfolgung, aber er blockte und wollte nicht weiter darauf eingehen. Ich habe gemerkt, dass etwas nicht stimmt,aber er erzählt uns sonst von selber alles. Ich dachte er würde es später tun wollen. Aber anscheinend ist da etwas vorgefallen,wovon wir nichts mitbekommen haben. Und nun muss ich dafür zahlen. Dafür, dass ich nicht gefragt habe.“
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:24 pm

Teil 10
Nowi hielt inne. Ein leises Geräusch kam aus einer Ecke des Tourbusses. Er schloss leise das Buch und schlich zum Schrank. Leise zog er die Schublade auf, legte das Buch hinein und wollte sie wieder schließen, doch sie klemmte. Er versuchte es ein paar mal, aber sie ging nicht zu. „Shit“ fluchte er leise und suchte in Windeseile etwas, womit er sie gewaltfrei und wenn möglich leise zu bekäme. Er fand schließlich einen Schraubenzieher, mit dem er an der Schiene, in der die Schublade raus und rein geschoben wurde, herumdrückte und schob. Eine Stimme von hinten ließ ihn hochfahren und den Schraubenzieher fallen lassen.
„Nowi, was machst du da?“
Ein noch etwas müder, aber sehr irritierte Hannes schaute ihn fragend an.
„Äh... ich...mhh..“stotterte Nowi. „ich wollte die, äh, die Schublade reparieren!“
„Aha...mit einem Schraubenzieher?“ Amüsiert schaute Hannes von Nowi, zu der Schublade, dann auf den Schraubenzieher am Boden und wieder zu Nowi. Dieser grinste nur verlegen und warf einen Blick in die halb geöffnete Schublade, um sicher zu gehen, dass man sein Tagebuch nicht sehen konnte. Gleichzeitig war er froh, Hannes nach dieser schlimmen Zeit mal wieder etwas erheitert sehen zu können. Das Buch war fast völlig verdeckt und er atmete auf. Hannes Blick fiel währenddessen auf die rechte, innere, vordere Ecke der Schublade. Sie war leicht nach außen gewölbt und Hannes ging darauf zu und hob sie an, ehe Nowi protestieren konnte. Es stellte sich heraus, das die Schublade einen doppelten Boden besaß, unter dem ein Foto lag. Es war etwas verschwommen und zeigte einen Mann, den die beiden nicht kannten. Er hatte gebräunte Haut, einen kurzen Bart und kurz geschnittenes, dichtes, schwarzes Haar. Seine Augenbrauen waren dick und er schaute misstrauisch in Richtung der Kamera, aber nicht direkt hinein. Die Augen schienen fast schwarz zu sein. Der Mann war um die 50 und trug eine grüne Jacke von Jack Wolfskin, die offen war und darunter ein T-Shirt offenbarte, das in dunklen Rottönen gehalten war und ein Zeichen trug, welches auf diese Entfernung nicht zu erkennen war.
Überrascht schauten sie sich an. Das war mit Sicherheit nicht von Steff, denn dieser Mann war zu alt, um ihr zu gefallen und wäre auch nicht ihr Typ gewesen, wenn er jünger gewesen wäre. Sicherheitshalber würden sie sie fragen, aber sie wussten die Antwort schon im Voraus. Außerdem mussten sie ohnehin vorsichtig mit ihr umgehen. Man konnte nicht wissen, ob sie ihn vielleicht nicht doch kannte und wie sie reagieren würde. Sie war so sensibel geworden und fing bei jedem bisschen an zu weinen. So zurückgezogen kannte sie keiner, doch lag es nicht in ihrer Macht, dies zu ändern. Gedankenverloren schaute Hannes auf das Bild. Irgendwas musste doch dran sein. Er drehte es um, doch die Rückseite war leer. Bei näherem hinschauen jedoch, erkannte man Thomas Handschrift, die durchgedrückt war und feine Spuren hinterlassen hatte. Hannes ging ans Fenster, und hielt es ins Licht. Er musste sich ziemlich anstrengen um es zu erkennen, aber er konnte lesen was darauf stand. Es war ein Name und eine Uhrzeit. „Schmadiczi, Roberto, 17:30“.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:24 pm

Teil 11
Wie vermutet kannte Stefanie den Mann nicht und konnte sich auch nicht erinnern ihn vorher schon einmal gesehen zu haben. Weder Name noch Aussehen kam ihnen bekannt vor und so bleib ein weiteres Rätsel, das Thomas hinterlassen hatte. Es gab keinerlei Anhaltspunkte, wer er war und ob und woher Thomas ihn gekannt hatte.
Stefanie beschloss, das Rätsel im Alleingang zu lösen. Sie wollte herausfinden, was mit Thomas los gewesen war und entschied, dass es das Beste wäre, wenn sie versuchen würde, dahinter zu kommen, in welchen Verhältnis er mit dem Unbekannten gestanden hatte. Also stahl sie den Zettel aus der Schublade, wo Hannes ihn hineingelegt hatte, um ihn später der Polizei zu geben, und schlich nach draußen. Es war kühl und sie fröstelte, wollte aber nicht nochmal umdrehen, um sich eine Jacke zu holen. Die Gefahr, entdeckt zu werden, war zu groß. Lieber ging sie das Risiko ein, krank zu werden. Den Zettel hielt sie fest in der Hand. Sie wollte ihn unter keinen Umständen verlieren, denn damit würde sie das letzte bisschen Hoffnung verlieren, das sie noch hatte, seit er fort war.
„Thomas.“ flüsterte sie „Bitte...bitte...du musst mir jetzt unbedingt helfen. Ich brauche dich jetzt. Du hast mich alleine gelassen, also sag mir jetzt bitte wenigstens warum.“
Damit betrat sie das Haus, in dem der Mann wohnte. Sie hatte im Telefonbuch nachgeschaut und nichts gefunden, aber die Auskunft hatte ihr weiterhelfen können und so stand sie nun im Flur eines mehrstöckigen Wohnblocks und verharrte einen Moment reglos, um ihre Augen an das Halbdunkel, das dort herrschte, zu gewöhnen. Schließlich schaute sie sich um. Es war sehr trostlos. Die Wände waren grau und teilweise mit Graffiti bedeckt, Zigarettenkippen und Plastik lag herum und Stromleitungen liefen offen und gut sichtbar an der Wand entlang. Eine Tür rechts von ihr, die wohl in den Keller ging, hatte unten ein Loch, durch das wohl Mäuse ein und aus gingen. Ein Schild hing daran: „Vorsicht Starkstrom“. Spinnenweben hingen in den Ecken und der Boden war wohl lange Zeit nicht mehr gewischt worden. Ein Fahrrad stand an die Wand links neben ihr gelehnt.
Langsam ging sie geradeaus den Gang entlang. Sie suchte nach einem Lichtschalter, doch sie fand keinen. Am Ende des Gangs war eine weitere Tür, die auf die andere Straßenseite führte. Dort waren Briefkästen für alle, die in dem Haus wohnten und Stefanie fand heraus, dass Schmadikci im 6 Stock auf der linken Seite wohnte. Sie traute dem Fahrstuhl nicht und beschloss, die Treppe zu nehmen. Ganz leise ging sie Stufe für Stufe hinauf. Eins. Zwei. Drei. Ob Thomas hier gewesen war? Aber was hätte er hier gewollt? Kannte er diesen Mann wirklich oder war alles nur eine Vermutung, an die sich die Monde klammerten? Dreizehn. Vierzehn. Fünfzehn. Er hätte ihnen doch davon erzählt. Er hatte ihnen doch immer alles erzählt. Vielleicht verrannten sie sich da in etwas und er hatte dieses Foto nur durch Zufall dort gehabt. Aber es war seine Handschrift. Die erkannte jeder von ihnen im Schlaf. Vierunddreißig. Fünfunddreißig. Sechsunddreißig. Es war unmöglich. Niemals wäre Thomas in so eine Gegend alleine gegangen. Er hatte keine Angst, aber er war vorsichtig. Und wenn man bekannt war, musste man sowieso mit allem rechnen, das wusste er. Dreiundvierzig. Vierundvierzig. Fünfundvierzig. Stefanie schauderte. Sie fühlte sich nicht wohl, doch umdrehen wollte sie nun auch nicht mehr. Zitternd blieb sie einen Moment lang stehen, um Luft zu holen. Die Hälfte hatte sie geschafft. Ein Fenster in der Mauer, kaum größer als ein Schuhkarton ließ etwas Licht in das dunkle Treppenhaus fallen. Es war dreckig und von Spinnenweben überzogen wie der Rest des Hauses, aber sie war froh, überhaupt etwas Licht zu haben. Schritte kamen von oben. Sie wollte keinem begegnen und lief die nächsten Stufen in den vierten Stock. Dort suchte sie einen Platz, wo sie bleiben konnte, bis die Person vorüber gegangen war. Ihr Herz klopfte und auf einmal stieg Angst in ihr auf, die sie zu lähmen drohte, wenn sie von ihr Besitz ergreifen konnte. Sie suchte sie zu unterdrücken, denn die junge Frau wusste, wenn sie vor Angst gelähmt war, konnte sie sich nicht wehren. Sie wäre jedem Angreifer völlig hilflos ausgeliefert. So schloss Stefanie die Augen und konzentrierte sich völlig auf ihre Atmung. Ein. Aus. Ein. Und Aus. Eine wohlige Ruhe breitet sich in ihr aus, ließ die Angst verschwinden und bald fühlte sie sich besser, so dass sie den Weg fortsetzen konnte.
Die letzten Stufen lief sie so schnell nach oben, wie sie konnte und fragte sich noch währenddessen, was sie eigentlich hier wollte. Sie könnte ja nicht einfach klingeln und fragen, ob der Mann Thomas gekannt hatte.
Ein Mädchen kam ihr im 6 Stock entgegen. Es ging gebeugt und hatte eine große Sonnenbrille auf, die außer den Augen auch einen Teil von Wange und Nase bedeckten. Es schimmerte bläulich darunter hervor. Stefanie fragte sich, was mit ihm passiert sein mochte. Es schien nicht älter als 17 zu sein, was nur grob geschätzt war, da ob der Sonnenbrille nicht viel zu erkennen war.
Das hier war nicht ihre Welt. Sie war wohl behütet aufgewachsen und hatte sich in solchen Gegenden und Häusern nicht aufgehalten. Aus einer Tür den Gang hinunter drang Lärm. Jemand brüllte herum und von Zeit zu Zeit knallte und polterte es.
Das Mädchen wollte schnell an Stefanie vorbei laufen, doch es stolperte und fiel hin. Die Sonnenbrille fiel herunter und ein geschwollenes, bläulich-grün verfärbtes Auge schaute sie ängstlich an. Stefanie war erschüttert.
„Wer war das?“ fragte sie leise, doch das Mädchen antwortet nicht, sondern schaute wimmend den Gang hinunter, wo nun ein Schrank von einem Mann herauskam. Er lallte und torkelte ein Stück auf sie zu. Das Mädchen schluchzte, raffte sich auf und rannte die Treppe hinunter.
„Blllleib stehn...du kllleeiiines Biest. Isch krieg disch noch!“ schrie der Mann hinter ihr her und versuchte unbeholfen ihr nach zu kommen.
Er hielt sich an der Wand fest, wo er erstmal stehen blieb. Stefanies blick haftete auf ihm, doch das schien ihn nicht zu stören. Musternd glitt ihr Blick an ihm herunter. Er war unrasiert und hatte schwarze Haare, die ihm über die Ohren fielen. Sein weißes Muskelshirt, das er trug wies nasse, dunkle Flecken auf. Die schwarze Jogginghose besaß Hochwasser und offenbarte so dreckige, ehemals weiße Turnschuhe.
Er rief „Wissen Sie wo die klllleine Schlambe hin is? Essssen sollde die mir kochen, das Biest und nischt hat se jemacht....jar nischt.....“
Er bekam Schluckauf und begann zu hicksen.
„Dabei...“ Hicks. „..Mach isch doch alles für das undankbare“ Hicks. „Stück..sollte sich schämen ihren Onkel so „ Hicks. „ so allein zu lassen..“
Pause. Er hielt inne, musterte Stefanie und sagte dann „Ich kenn sie doch...von „ Hicks. „Irgendwo her...“
Stefanies Entsetzen weitete sich, je näher näher er kam. Das konnte unmöglich sein. Sie beobachtet den Mann mit unverhohlener Verachtung und Ekel. Dieser Säufer sollte der Mann sein den sie suchte. Mit diesem Mann sollte Thomas Kontakt gehabt haben.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:24 pm

Teil 12
Stefanie drehte sich um und lief die Treppe hinunter. Hinter ihr gröhlte der Mann „Wo wolln Sie hin? Sie müssn mir doch noch sagen wo das klleine Miststück hinjelaufen is“. Sie ignorierte es. Geschockt rannte sie aus dem Haus, lief über die Straße durch das Viertel bis zu einem nahe liegenden Waldstück. Dort setzte sie sich hin und begann hemmungslos zu weinen. Heiße Tränen liefen ihre Wangen hinunter. Mit was für Typen hatte Thomas nur Kontakt gehabt? Wann war er darein gerutscht und wie? Es war ihr unverständlich, wie so etwas hatte geschehen können. Und in ihr war das Bild des Mädchen. Sie konnte nicht älter als 17 sein, und es hatte schlimm ausgesehen. Diese grünen Augen, die sie anstarrten und ihr von Angst gezeichnetes Gesicht. Sie konnte es nicht vergessen. Eingebrannt in ihr Gehirn ließ es sie nicht mehr los. Wo würde das Mädchen wohl die Nacht verbringen? Wo würde sie schlafen, was würde sie essen? Sie wischte sich die Tränen ab. Wo würde sie selbst hingehen, wenn sie weg müsste? Sie hatte keine Ahnung. Ziellos lief Stefanie durch die Straßen, suchte und fand nichts. Ein paar Jugendliche pfiffen ihr nach. Ein Auto stoppte neben ihr, die Fensterscheibe ging runter und ein schmieriger Typ um die Sechzig, mit gegeelten Haar und Anzug fragte sie, wie viel sie kosten würde. Sie starrte ihn angeekelt an. „Na dann eben nicht, gibt noch genug andere Nutten hier in der Stadt“ Damit fuhr er weiter.
Es war nun fast dunkel und sie kannte sich dort nicht aus, wo sie war. Oft drehte sie sich um und ihr Herz klopfte so laut, dass sie dachte es müsse jeder hören. Ab und zu hörte sie ein Geräusch hinter sich, doch sie sah nichts und niemanden. Ein Stück lief sie rückwärts, doch auch dort entdeckte sie niemanden. Als sie sich umdrehte sah sie den Anzug-Typen von vorhin vor sich stehen.
„Na, wen haben wir denn da?“ sagte er leise, mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen.
„Ist das nicht unsere unwillige kleine Straßenschlampe von vorhin?“ Er grinste höhnisch.
„Lassen Sie mich in Ruhe“ sagte Steff und wollte ihm ausweichen, doch er ließ sie nicht durch. Sie wollte umdrehen, doch er packte sie am Arm und hielt sie fest.
„Sie tun mir weh“ sagte sie leise. Die von ihr so gefürchtete Angst kroch in ihr hoch und sie spürte, dass sie in ein paar Momenten bewegungsunfähig sein würde.
„Gefährlich, sich hier so alleine draußen herumtreiben...um diese Zeit. Geld wolltest du keins. Ich werde mir jetzt einfach nehmen, was ich will. Ist viel einfacher, und preiswerter. Und macht noch mehr Spaß bei so einer geilen Schnecke wie dir“ Damit versuchte er seine Hand unter ihr T-Shirt zu schieben. Sie wehrte sich verzweifelt, doch er war zu stark.
In diesem Moment schoss ein Schatten von hinten aus der Dunkelheit, traf ihn hart am Kopf und er fiel um. Eine leere Sektflasche rollte über den Boden.
Es war das Mädchen, das ein paar Stunden zuvor weggerannt war. Sie nahm Stefanies Hand und zog sie mit sich.
„Schnell, bevor er wieder aufwacht!“ zischte sie und führte sie durch einige Gärten und kleine, schmale Gassen zu einem leer stehenden Haus. Sie fasste durch ein Loch in der Scheibe, drückte die Klinke herunter und öffnete die Tür. Beide liefen die Treppe hinauf in den zweiten Stock und dort in eine Wohnung. Auch dort war es dreckig und es roch nach alten, verbrannten Lappen, Öl und Schimmel.
„Danke“ sagte Stefanie erleichtert. „Du hast mich gerade gerettet... ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll“
Das Mädchen saß in einer Ecke auf einer Matratze und sie nur an
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:25 pm

Teil 13
In der Dunkelheit war es schwer, etwas zu erkennen. Still saßen sie da, jede hing ihren eigenen Gedanken nach. Nach einer Weile sagte das Mädchen „Erzählen sie mir, was sie bei meinem Onkel wollten“.
Stefanie sah es überrascht an. Aufmerksam blickte es ihr in die Augen. Eine erstaunliche Reife und Ruhe ging von ihm aus und Stefanie spürte, wie ihre Angst sich legte. Es war, als ob die Ruhe, die das Mädchen ausstrahlte, durch den Raum gleiten würde, spielend um die beiden Anwesende herum jagen und sich schließlich um sie legen würde, um ihnen das Gefühl zu geben, sicher zu sein.
Steff zögerte. Sie war sich nicht sicher, in wie weit man ihr vertrauen konnte und eigentlich wollte sie nicht dran denken, warum sie dort gewesen war. Ihre Gedanken kreisten nur um Thomas und er war....weg. Sie vermochte nicht den Satz mit dem Wort „tot“ zu beenden, denn sie wollte es nicht glauben. Ihr Bewusstsein weigerte sich immer noch, diesen Gedanken zuzulassen. Jäh schossen ihr wieder heiße Tränen in die Augen und sie schniefte. Ernst schaute das Mädchen sie an.
„Hat er Ihnen etwas angetan?“
Stefanie konnte nicht sprechen. Sie vergrub den Kopf in den knien und nur noch das Zucken der Schultern ließ erkennen, dass sie weinte. Zögerlich und vorsichtig kroch das Mädchen zu ihr und legte die Hand auf ihre Schulter.
„Ich schwöre Ihnen, wenn er ihnen etwas getan hat, wird es das Letzte gewesen sein, was er getan hat.“
„Nein......nein.. er hat mir nichts getan...“ schluchzte Steff.
„Wenn Sie möchten, können Sie mir erzählen, was passiert ist.“ bot die Jugendliche an. Steff hob den Kopf und sah sie an. Ihr Gesicht war von Tränen nass. Geschminkt hatte sie sich seit dem Tod Thomas´nicht mehr. Warum auch? Es war sowieso alles sinnlos.
„Wie heißt du überhaupt? Ich weiß doch nicht, ob ich dir vertrauen kann.... Ich weiß sowieso nicht, wem ich vertrauen kann, im Moment“
„Ich heiße Lauraine. Viele nennen mich aber der Einfachheit halber Laurie oder Rain... Der zweite kommt davon, weil ich immer soviel geweint habe....früher.“ Es entstand eine Pause, in der sich die beiden nur anschauten. Beide schienen abzuwägen, wie viel sie dem anderen von sich erzählen mochten. Wie viel von ihrem Leben preisgeben, das so unterschiedlich war und vom anderen vielleicht nicht verstanden werden würde.
Schließlich begann Steff begann stockend zu erzählen, dass sie bei Lauries Onkel gewesen war, weil ein Freund von ihr mit ihm Kontakt gehabt hatte und sie herausfinden wollte, wie es zu diesem Kontakt gekommen war und wie lange er ihr und ihren Freunden verschwiegen hatte, dass es so einen Kontakt gab. Außerdem warum er es niemandem hatte sagen wollen.... Als sie zu dem Punkt kam, dass alles auf Selbstmord deutete, brach sie ab... sie konnte es nicht aussprechen.
„Er hat... er hat.....sich.....er ist....er hat...“ Ihre Lippe zitterte. Laurie beendete den Satz leise, aber bestimmt. „...sich umgebracht!?“
„Ja.“ und wieder begann Steff hemmungslos zu weinen.
Laurie zögerte wieder kurz, doch dann wischte sie alle Bedenken beiseite und nahm Steff in den Arm.
Diese, froh eine Schulter zum Anlehnen zu haben, kuschelte sich an Laurie an, welche sie sanft hin und her wiegte. Sie ließ sie nicht los, hielt sie fest und beruhigte sie langsam, aber sicher.
Und Stefanie war froh in dieser Zeit jemanden zu haben, der sie nicht dazu drängte, etwas zu erzählen, sondern sie einfach nur festhielt und ihr zeigte, dass er bei ihr war und sie nicht im Stich ließ.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:25 pm

Teil 14
Währenddessen hatten Hannes und Nowi bemerkt, dass Steff weg war und machten sich große Sorgen. Sie hatte ihnen bisher immer gesagt, wenn sie weg ging, und obwohl Nowi nach außen hin so tat, als wäre er davon überzeugt, dass sie sicher nur spazieren war und Zeit für sich brauchte, war er sich im Inneren bewusst, das er selber nicht daran glaubte. Es war nur eine Ausrede, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass es vielleicht etwas ernsteres sein könnte. Hannes allerdings war nicht überzeugt davon und rannte in Panik durch den Tourbus. Er fluchte und schimpfte und zerbrach sich den Kopf, wo sie hin sein könnte. Er befürchtete, dass die gebrochene Steff sich etwas angetan haben könnte, weil sie es nicht mehr aushalten hatte können und er wollte nicht auch noch sie verlieren, wo die vier doch zusammengewachsen waren wie Geschwister auf Tour. Ein paar mal riefen sie Steff an, doch niemand meldete sich. Die Sorge um sie wuchs. Nowi saß wie auf Kohlen neben allen möglichen Telefonen, die sie im Tourbus hatten auftreiben können, von denen sie wussten, dass Steff die Nummer hat und so lagen um die 17 Handys vor ihm, während Hannes das Gelände absuchte und jeden fragte, ob er sie gesehen hatte. Niemand konnte sich erinnern, sie gesehen zu haben, und so suchte Hannes weiter. Er lief die Straße hinunter, wieder rauf und suchte die Umgebung ab. Als er sie auf der Straße nicht fand, fiel ihm etwas ein. Dort, wo er sie zuletzt gefunden hatte, nachdem Thomas...
Und Hannes rannte los, dem Waldstück entgegen, schlug sich durchs Gebüsch. Dornen zerrten an seinen Sachen, rissen Löcher hinein und hinterließen Spuren auf seiner Haut, doch er spürte es nicht. Sein einziger Gedanke galt Steff. Er wollte sie nur finden, sonst nichts. Zu lange hatte sie sich verschlossen, zu lange hatte sie jeden Versuch, an sie heran zu kommen, geblockt, zu lange war sie alleine mit ihren Gedanken und Ängsten und ihrer Verzweiflung gewesen. Viel zu lange. Hannes verzieh es sich nicht, sie alleine gelassen zu haben. Selbst wenn es auch ihm und Nowi schlecht ging, hätte niemand sie alleine lassen dürfen. Nicht in dieser Zeit, erst recht nicht währenddessen!
Als er die Stelle erreichte, war dort -nichts. Keine Steff. Und kein Anzeichen dafür, dass sie hier gewesen war. Er ging auf die Stelle zu, wo er sie hochgehoben und zum Bus getragen hatte. Im Boden war der Abdruck einer kleinen, zarten Hand. Steff´s Hand.
Hannes kniete nieder und strich zärtlich mit denen Fingern über den Abdruck. Eine Träne löste sich und rollte über sein Gesicht nach unten. Sie durfte nicht auch noch weg sein. Ihr kleiner Sonnenschein. Es war alles zu viel für Hannes. Am liebsten hätte er sich hingelegt und wäre Thomas gefolgt. Und....was war mit Steff. Er schaute nach oben und sagte laut
„Thomas sag mir bitte, dass Steff nicht bei dir ist... Bitte sags mir!“
Dann senkte er den Blick und kämpfte dagegen an, loszuheulen. „Sei keine Memme“ dachte er sich “Wenn du jetzt heulst nützt das niemandem etwas -und Steff erst recht nicht!“ Sein Blick blieb an dem Ast hängen, an dem Steff sich festgeklammert hatte, als er sie fand. Ihr Schal hing darüber und flatterte lautlos im Wind. Ihr Lieblingsschal. Er hatte bunte Längsstreifen in grün, blau, gelb und rot.
„Danke kleiner Bruder... egal wo sie jetzt ist... pass mir auf sie auf, ja? ...Ich weiß, du hast sie auch so gern gehabt, aber wir würden sie so gern noch hier behalten...“
Damit drehte Hannes sich um und lief den Weg zurück, den er gekommen war. Er wollte auf der anderen Seite weitersuchen, da er nun wusste, dass sie nicht dort war.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:25 pm

Die nächsten Teile zusammengefasst...

Teil 15
Stefanie hatte begonnen, Laurie zu vertrauen. Diese wich zwar beständig Fragen aus, in denen es um sie ging, doch half sie Stefanie, indem sie sie aus dem Viertel führte und auf die Hauptstraße. Von dort aus kannte Steff sich aus und würde den Weg allein finden. Sie suchte nach Worten, mit denen sie sich bedanken konnte, doch dann nahm sie Laurie ganz einfach in den Arm. Erst stand diese bewegungslos da, dann legte sie vorsichtig auch den Arm um Steff und lächelte still in sich hinein. Sie war es nicht gewohnt in den Arm genommen zu werden und musste sich überwinden einem Menschen so nahe zu kommen. Immer, wenn jemand ihr so nahe gekommen war, hatte sie schlechte Erfahrungen gemacht. Aber diese junge Frau schien anders zu sein. Sie konnte es sich nicht erklären, aber sie hatte etwas Besonderes, was ihr die Sicherheit gab, ihr vertrauen zu können. Als Steff sie losließ wehrte sich etwas in Laurie, sie wollte sie am liebsten bei sich behalten. Für die Zeit, in der sie beieinander gewesen waren, war sie richtig glücklich gewesen. Widerstrebend ließ auch sie los und schaute dann Steff an, die noch nah vor ihr stand und sie ansah. Ein Lächeln umspielte deren Lippen und auch, wenn sie noch geschwollene Augen hatte war sie einfach -schön. Besonders ihre Augen zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Tiefe, große, braune Augen, in denen man versinken konnte. Lange, schwarze Wimpern umrandeten sie und vollendeten so das makellose Bild. Lauries Blick wanderte über die geformte Nase nach unten zu ihren Lippen, die voll und schön geformt waren und nun ein leises Lächeln offenbarten. In Laurie stieg der Wunsch auf, sie einmal zu berühren. Schnell verdrängte sie diesen Gedanken und schaute wieder in Steff´s Augen.
Einen Moment noch sahen sie sich an.
„Weißt du, dass du eine sehr schöne Frau bist?“ Laurie gab Steff einen Kuss, ehe sie sich umdrehte und hinter der nächsten Ecke verschwand.
Verwirrt blieb Stefanie zurück.

Teil 16
Es war mittlerweile relativ kühl draußen und Stefanie fröstelte. Um sich etwas Wärme zu verschaffen, verschränkte sie die Arme vor dem Körper. So lief sie die Hauptstraße entlang. Die Dunkelheit um sie herum war gespenstisch. Wenige Straßenlaternen sorgten für etwas Licht, in größeren Abständen waren einige kaputt, sodass es dort dunkel blieb. Der Wind blies kalt von Nord-Ost. Ein lautstarkes Miauen ließ sie zusammenschrecken. Eine Katze saß an der Ecke einer Seitenstraße und blickte sie mit glänzenden Augen an. Sie stand auf und sprang geschmeidig auf eine Mülltonne, die neben ihr stand. Dort setzte sie sich erneut und leckte sich die Pfoten. Aus der Mülltonne kamen Essensgerüche und der typische Müllgestank. Steff wurde übel und sie beeilte sich, daran vorbei zu kommen.
Es war nun nicht mehr weit bis zum Platz, wo der Tourbus stand. Sie holte ihr Handy aus der Tasche und bemerkte, dass der Akku leer war. So war es nicht einmal herauszufinden, wie spät es war. Sie war sich sicher, dass es mittlerweile nach eins sein musste und ihr war klar, dass Hannes und Nowi sich große Sorgen machen mussten. Sie war schon lange nicht mehr über Nacht weggeblieben, schon gar nicht, ohne vorher Bescheid zu sagen. Daheim würde es Vorwürfe hageln, aber das war ihr egal. Sie hatte den Mann gefunden, mit dem Thomas Kontakt gehabt hatte -aber was nützte ihr das? Es war ein Mann aus schlechten Verhältnissen stammend, der sie betrunken angebrüllt hatte und mit Sicherheit war auch er es gewesen, der das Mädchen so zugerichtet hatte. Sie hatte die Angst in ihren Augen gesehen, aber auch einen ganz anderen Ausdruck, als die Kleine sie angesehen hatte. Und dann hatte sie sie geküsst. Was nur hatte das zu bedeuten? Vielleicht war sie einfach froh, jemanden zu haben, mit dem sie sich hatte unterhalten könne, jemanden, der sie nicht schlug, sondern sie behandelte wie einen Mensch? Ihr drehte sich der Magen um, wenn sie daran dachte, was er damit einem Menschen antat. Schlimmer als die Schläge waren wohl die seelischen Schmerzen, die das Mädchen davon trug. Sie würde wohl kaum jemals wieder jemandem richtig vertrauen und sich hinter einer Mauer verstecken. Bei Stefanie war dies momentan, um den Tod von Thomas zu verarbeiten, doch bei dieser Seele würde es andauern. Sie steckte noch mitten im Erwachsen-werden und gerade in diesen Jahren prägte alles, was man erlebte nachhaltig. Sie fragte sich, wo sie hingelaufen war. Wieder in das alte Haus? Ob der Mann nach ihr suchte? Was hatte er nur mit Thomas zu tun gehabt? Gedanken verloren wie sie war, stieß sie fast mit Hannes zusammen, der ihr aufgeregt entgegengelaufen kam.
„Stefanie. Oh Stefanie! Mach nie wieder so eine Dummheit! Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“
Seine Stimme zitterte und die Schwingungen darin verrieten, dass er kurz davor war, zu weinen.
„Es tut mir so leid...ich war so unruhig und bin durch die Gegend gelaufen. Doch dann wusste ich nicht mehr wo ich war und.... ein Mädchen hat mir geholfen, wieder hierherzufinden.“ Sie wusste selber nicht genau, warum sie Hannes anlog. Aber etwas in ihr sagte ihr, sie solle es besser vorerst für sich behalten. Sie wollte dieses Rätsel lösen. Aber sie wollte niemanden mit hineinziehen. So schwieg sie und lief stumm neben Hannes her, der ihr Hand gefasst hatte und sie nicht mehr losließ.
„Warum bist du nicht ans Handy gegangen?“
„Mein Akku ist leer... ich konnte nicht.“
„Mhm.“ wieder herrschte Stille, während sie die letzten paar Meter zum Tourbus liefen. Dort herrschte regelrechtes Chaos. Überall wuselten Leute herum und auch einer der ihnen schon bekannten Polizisten stand mit einer Kollegin vor dem Bus und sprach mit Andreas, der sie jäh wahrnahm und aufschrie. Er ließ die beiden stehen und rannte zu Steff. Bei ihr angekommen zog er sie in die Arme und schimpfte und lobte sie gleichzeitig, dass sie so lange weggeblieben und jetzt wieder aufgetaucht war. Sie schnappte nach Luft als er sie losließ. In seinen Augen standen Tränen.
„Gott sei Dank bist du wieder da.“

Teil 17
Andreas war überglücklich, dass Steff wieder da war. Er strahlte sie an und gab ihr einen überraschenden Kuss mitten auf den Mund. Steff wusste nicht, ob sie ihn entsetzt oder freudig anschauend sollte, grinste ihn schief an und brachte nichts darüber hinaus zustande.
Hannes währenddessen stand nur daneben und lächelte still in sich hinein. „Brav, kleiner Bruder. Du hast toll auf sie aufgepasst....sie ist wieder hier...bei uns.“ dachte er glücklich.
Er wollte nicht daran denken, was er getan hätte, wenn sie auch noch fort gewesen wäre. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre er durchgedreht. Das wurde ihm in dem Moment klar, als sie einfach weg war, ohne jede Nachricht. Und als er in ihre glänzenden Augen blickte, wusste er, dass er niemals ohne sie auskommen würde. Und wollte. Immer noch hielt er Steffs Hand fest, während der gesamten Zeit hatte er sie nicht losgelassen. Fast krampfhaft klammerte er sich an sie, als wollte er sich Sicherheit verschaffen, dass sie keine Erscheinung war, sondern aus Fleisch und Blut. Nowi warf ihm einen verständnisvollen Blick zu. Ihm standen Tränen in den Augen. Er war genauso glücklich wie Hannes, doch brachte er es anders zum Ausdruck.
Ergriffen stand Stefanie da. Sie hatte zwar damit gerechnet, dass die beiden sich Sorgen machen würden, und sie mit Vorwürfen empfangen, nicht jedoch mit dieser Reaktion. Ihr schlechtes Gewissen verschlechterte sich noch, als sie sah, dass der Tisch im Tourbus unter Telefonen fast vollständig verschwunden war. Sie hatten wirklich alle Hebel in Bewegung gesetzt. Um sie zu finden. Sie schämte sich und biss sich auf die Unterlippe.
Die Polizisten, die sich bislang im Hintergrund gehalten hatten, kamen nun zögerlich hinter den dreien her. Sie schienen ihnen etwas zu sagen zu haben, doch wussten sie nicht, ob sie dazwischen gehen sollten. Die Situation war selbst für die beiden erfahrenen Ordnungshüter sehr ergreifend. Verstohlene Blicke wurden ausgetauscht, dann trat die Polizistin auf Stefanie zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
„Frau Kloß....wir sind froh, Sie wieder wohlbehalten hier begrüßen zu dürfen, doch haben wir noch eine Aufgabe für Sie drei, der Sie wohl oder übel nachkommen müssten. Und zwar geht es darum....“
Sie räusperte sich vernehmlich und Schweißperlen traten auf ihre Stirn. Ihr Kollege machte eine ratlose Miene und keinerlei Anstalten, ihr zu Hilfe zu kommen, was er nach einem beißenden Blick seiner Kollegin dann doch widerstrebend tat.
„Nun... der Jüngere der Stolle Geschwister wurde in der Pathologie eingehend untersucht. Uns liegen nun Ergebnisse vor. Es ist mir sehr unangenehm, aber der Pathologie ist leider ein Fehler unterlaufen. Das Dokument, auf dem bescheinigt wird, dass er es ist, ist abhanden gekommen. Sie müssten ihn noch einmal identifizieren. Morgen früh.“ Er gab Hannes einen Zettel, auf dem Uhrzeit, Datum und Ort standen,und verließ den Bus, gefolgt von seiner Kollegin. Beide hatten es plötzlich sehr eilig.
Nur das lautstarke Tick-Tack der Armbanduhr von Andreas durchbrach die Stille, die darauf folgte.
Und jeder Einzelne im Raum fragte sich, wann dieser Alptraum wohl endlich ein Ende haben würde.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:26 pm

Teil 18
Wieder einmal verbrachten sie eine Nacht, in der wenig geschlafen wurde. Jeder wälzte sich umher und keiner der drei blieb von Erinnerungen und wilden Gedankengängen verschont.
Stefanie war wortlos zu Bett gegangen nach der Ankündigung der Polizisten. Für einen Moment war der Zusammenhalt der verblieben Silbermonde ein starkes, schier unzerreißbares Band gewesen. Doch ab dem Moment der Ankündigung zog Stefanie sich sofort wieder in sich zurück. Hannes schloss sich ins Bad ein und Nowi saß auf seinem Nachtlager und suchte nach Antworten von fragen, die er sich in letzter Zeit schon oft gestellt hatte. Niemals war etwas dabei herausgekommen, das er bereit war zu akzeptieren.
Erst nach langer Zeit drehte sich der Schlüssel zum Bad nochmals um Hannes freizugeben und ihm etwas Schlaf anzubieten. Er schlief ein, doch träumte er schlecht und wurde zwischendurch immer wieder wach. Doch von dem Gespräch mit Andreas bekam er dennoch nichts mit, das dieser leise und verhalten mit der kleinen, zerbrechlichen Stefanie führte.
Keiner der beiden hatte Schlaf finden können und so war Andreas schließlich vorsichtig zu Steff nach oben auf ihr Bett geklettert, wo er sich niederließ und sie beobachtet. Er sah sie, und sah sie auch nicht, sah durch sie hindurch, seinen Gedanken nachhängend. So merkte er nicht, dass sie in seit geraumer Zeit betrachtete. Er hatte Falten bekommen, schien in kurzer Zeit um Jahre gealtert zu sein. Seine Augen blickten trübe und starr in eine Richtung. Er hatte den traurigsten Hundeblick aufgesetzt, den sie von ihm kannte. Ihre Hand wanderte langsam zu seiner, die sich auf dem Rand des Bettes stützte, ergriff sie und hielt sie fest. Er spürte die weichen, warmen Finger und schob seine zwischen ihre. So verhakt, sich gegenseitigen Halt bietend verhielten sie lange Zeit. Bis Stefanie kaum hörbar flüsterte „Ich vermisse ihn so“.
Andreas sah sie an. Tränen liefen über ihr Gesicht und er fragte sich, ob vielleicht etwas in ihr gewesen war, was sie sich nicht hatte eingestehen wollen, was sie mit aller Macht unterdrückt hatte, was aber jetzt den Weg nach oben gefunden hatte und sich mit Stichen ins Herz bemerkbar machte.
Er zog sie sanft hoch nahm sie in den Arm und hielt sie einfach nur ganz fest. Sie wehrte sich nicht dagegen, hing in seinen Armen wie ein Schluck Wasser. Leise sagte er „Ich vermisse ihn auch unendlich...“
Trockenes schluchzen stieg in ihr hoch, doch sie kämpfte dagegen an und sagte mit zittriger Stimme „Warum Andreas? Warum? Warum hat er das getan? Was lief schief?“
„Ich weiß es nicht Kleine...ich frage mich das doch auch ständig.“
„Ich will wissen, warum. Ich werde es herausfinden. Egal wie.“
Andreas nahm sie nicht ernst. Er missverstand die Nachricht, die ihr Satz mitteilen wollte und deutete sie so, dass sie das sagte, um den Schmerz zu verarbeiten und um loslassen zu können. Vielleicht auch, um sich ein gutes Gewissen einzureden und ein Ich-habe-es-wenigstens-versucht-und-trotzdem-nichts-herausgefunden-Gefühl zu bekommen. Am allerwenigsten dachte er daran, dass Steff es ernst meinen könnte. So antwortete er nur „Ja, das wirst du...Schlaf jetzt, Kleine...“
Tatsächlich schlummerte Stefanie, wohlgeborgen in Andreas Armen, alsbald ein und kurze Zeit später auch Andreas. Allerdings sanken beide mit verschiedenen Vorstellungen des Satzes „Ich werde es herausfinden“ in den Schlaf.

Teil 19
Es war kühl und regnerisch. Dunkle Sturmwolken jagten über den Himmel und man hörte das prasseln des Regens auf dem Dach des Busses. Stefanie saß auf dem Bett und sah Hannes beim schlafen zu. Er lag ihr gegenüber, über Andreas, dessen Bett schon leer war und nur noch zerwühltes Bettzeug offenbarte. Sie konnte sich nicht satt sehen. Hannes sah so friedlich aus, wenn er schlief. Ab und zu breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, welches dann von einem Stirnrunzeln unterbrochen wurde. Sie fragte sich, was er wohl träumen würde. Ob er von Thomas träumte? Sie wollte ewig so sitzen und ihn anschauen. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus und sie lächelte ihm liebevoll zu. Er drehte sich, hielt die Bettdecke fest und war ihr nun völlig zugewandt. Er rümpfte die Nase und nieste. Steff konnte sich ein leichtes grinsen nicht verkneifen. In diesem Moment schlug er die Augen auf und sah ihr in die Augen. Ein verwunderter, fast schon verpeilter Ausdruck breitet sich auf seinem Gesicht aus und er murmelte verschlafen “ Was ist denn hier los?“
Steff sagte nichts. Wortlos stand sie auf, stieg von ihrem Bett und setzte sich zu Andreas auf die Bank. Hannes schüttelte den Kopf und quälte sich langsam aus dem Bett. Zu gern wäre er liegen geblieben, vor allem wenn er an das dachte, was ihnen heute bevorstand. Er hatte keine Idee, was diese Idioten in der Pathologie veranstaltet hatten, doch er wusste, dass sie zu spüren bekommen würde, wie sauer er war.
Steff und Andreas merkten, dass es Hannes nicht gut ging und ließen ihn den Großteil der Zeit in Ruhe, wofür er ihnen äußerst dankbar war. Er brauchte etwas Zeit für sich um seine Gedanken zu ordnen.
Jeder der drei versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie nervös und bedrückt er war, um die anderen nicht anzustecken damit, doch natürlich war allen klar, dass das gar nicht mehr nötig war. Alle waren unruhig und angespannt. Lampe und Ulf kamen kurz nacheinander zu ihnen, um sie nach ihrem Wohlbefinden zu fragen und ob es etwas gäbe, was sie ihnen Gutes tun könnten. Es gab nichts und so verschwanden sie nach kurzer Zeit wieder um ihnen noch etwas Ruhe zu lassen. Schließlich stand Hannes auf, sah die beiden anderen an und meinte „Tut mir leid, aber ich halt´s nicht mehr aus. Lasst uns bitte hinfahren. Ich will´s hinter mich bringen.“
Sie verstanden ihn nur zu gut, auch sie wollten das ganze schnell hinter sich bringen und so brachen sie auf.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:26 pm

Teil 20
Hannes, Stefanie und Andreas betraten die Pathologie mit gemischten Gefühlen. Sie warteten vor dem Büro des leitenden Pathologen im Gang. Es war kühl und roch nach Desinfektionsmitteln. Stille Blicke wurden gewechselt, stumme Rufe in Richtung der geschlossenen Bürotür geschickt. Hannes hatte den Kopf gesenkt, die Arme in den Nacken gelegt und wippte mit den Beinen. Andreas saß wie eine Statue auf seinem Stuhl, bewegte sich nicht und wirkte wie mit Pattex befestigt. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und starrte mit leerem Blick an die Decke. Stefanies Blick hingegen wanderte durch den Gang. Weiße Wände, mit Bildern, die Landschaften im Herbst zeigten, mit bunten Blättern oder das Meer, Palmen und lachende Kinder, die am Strand Sandburgen bauten. Die heile Welt endete hinter den Türen und es war ein Trugschluss der Ärzte, zu glauben, dass einem diese Bilder helfen könnten, zu vergessen, weswegen man hier war. Im Gegenteil, man fühlte sich noch schlechter, wenn man die Realität mit diesen Bildern verglich und unweigerlich trat der Wunsch auf, in diese Bilder schlüpfen zu wollen und sich dort zu verstecken.
Die Tür öffnete sich und der Arzt schaute heraus. Er war Stefanie auf Anhieb unsympathisch, was sie unverhohlen zur Erscheinung brachte.
Professor Ripper war von kleiner, untersetzter Statur. Er war sehr dünn, hatte einen leicht gebeugten Gang und kleine, wässrige Augen, die umher huschten und sie in Windeseile musterten. Ein fieses Grinsen, welches fast schon hämisch wirkte, lag auf seinem Gesicht und Stefanie war sich nicht sicher, ob er sich über sie lustig machen wollte. Er wirkte in keinster Weise vertrauenswürdig. In Wirklichkeit erinnerte er sie in gewisser Weise an eine Ratte.
Er reichte jedem von ihnen die Hand und fragte sie dann, ob sie sich vorbereitet hätten. Sie schluckten und bejahten. Bevor Professor Ripper jedoch nochmals im Büro verschwinden konnte, fragte Hannes, weswegen sie zwei mal kommen mussten. Einen Moment lang glaubte Stefanie einen Ausdruck auf dem Gesicht des Arztes zu sehen, der das krasse Gegenteil von Bedauern oder Mitleid ausdrückte. Doch ehe sie herausfinden konnte, was es war, hatte der Mann sich wieder unter Kontrolle und sie fragte sich, ob es möglich wäre, dass sie sich getäuscht hatte. Ruhig sagte er
„Herr Stolle, ich kann ihren Unmut darüber verstehen. Leider ist unserer Sekretärin eine Verwechslung unterlaufen. Die Akte wurde bereits bearbeitet, jedoch fehlen nun ihre Unterschriften und die Unterlagen, dass Sie überhaupt je hier gewesen sind. Die Vorschriften besagen, dass wir die Urkunde über den Tod von Herrn Thomas Stolle nur ausstellen dürfen, wenn sie ihn mit Sicherheit identifiziert haben und dies auch unterschreiben.“
Stefanie kämpfte wieder mit den Tränen. Sie schaute zu Boden und versuchte zu überhören, was er sagte. Andreas drückte leicht ihre Hand.
Hannes war fassungslos.
„Sie verschlampen hier die Unterlagen und nur deshalb müssen wir nochmal her kommen? Uns fiel es sowieso schon schwer, ein erstes Mal hierher zu kommen. Jetzt sind wir schon wieder hier..ich glaub das nicht...Ich habe meinen Bruder verloren! Sie sind doch kein Mensch mit Gefühlen....Haben Sie überhaupt Gefühle?“ Er wurde immer lauter und begann zu weinen. Andreas musste ihn stützen, da Hannes nun begann zu schwanken und am ganzen Körper zitterte. Er stand nahe am Rand eines Nervenzusammenbruchs. Blass, wie er war, hätte er nun jedem Toten Konkurrenz machen können.
Der Professor blieb unglaublich ruhig. Ihn schien es nicht zu stören, dass er einen verzweifelten jungen Mann vor sich hatte. Anscheinend war das nicht das erste mal, dass so etwas passierte. Das wurde allen in diesem Moment klar, denn ansonsten hätte er anders reagiert.
„Natürlich ist mir das klar. Nur können wir leider nicht anders handeln. Die Vorschriften besagen nun einmal, dass...“
„Die Vorschriften, die Vorschriften! Hören Sie mir mit diesem Bürokratenstuss auf! Es geht hier doch um etwas ganz anderes!“
Der Blick des Professors wurde kälter und er fragte reserviert:
„So.. um was geht es denn ihrer Meinung nach?“
„Um...um..“ Hannes hätte ihm am liebsten eine ganze Menge an den Kopf geworfen, doch wusste er, dass er wohl mit Verleumdung und Rufmord nicht weit käme. Wütend und ratlos schaute er seine beiden Mitstreiter an, die ihn in stillem Einvernehmen anschauten, aber nichts sagten. Sie wussten, was er dachte, aber auch sie waren sich um die Folgen im Klaren und schwiegen.
Andreas rettete die Situation, indem er beherrscht sagte:
„Nun, verzeihen Sie bitte den Ausbruch meines Freundes. Er ist noch sehr von Schmerz erfüllt, wie wir anderen auch, das werden Sie sicher verstehen. Bitte lassen Sie es uns hinter uns bringen, damit wir schnell nach Hause können. Das Alles hier kostet uns einiges an Kraft und es wird sicher in ihrem Interesse liegen, dass wir mit der Aufarbeitung dieses schrecklichen Ereignisses beginnen können.“
Nach einem prüfenden Blick auf Hannes, der nun ziemlich bedröppelt vor ihm stand, und misstrauischen Blicken in Richtung Stefanie nickte Prof. Ripper kurz und bat sie, ihm in sein Büro zu folgen.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:27 pm

Teil 21
Das Büro des Professors war ziemlich dunkel. Ein Schreibtisch aus Mahagoni stand in der Mitte des Raumes. Er beherbergte einige Akten, Stifte und einen Notizblock, der darauf lag. Auf der linken Seite stand ein Computerbildschirm. Der Bildschirmschoner war an und zeigte ruhiges Wasser, welches von oben hereinscheinendes Licht brach und schön schimmerte. Einige Fische schwammen darin herum und vollendeten das Bild der Idylle. An der Wand links von den Dreien war ein Regal, ebenfalls aus Mahagoni, das bis zur Decke ging und unzählige Bücher beherbergte. Es waren Fachbücher über das erfassen von Wunden, richtiges Aufschneiden mit dem Y-Schnitt oder das festlegen von Todesursachen. In der Ecke links hinter ihnen stand ein kleines Tischchen, worauf eine Lampe stand, die angenehmes,warmes Licht in den Raum warf und ihm eine behagliche Atmosphäre verlieh.
Still saßen sie auf den Stühlen, die ihnen geboten waren und warteten der Dinge, die da kommen sollten. Professor Ripper kramte in seinen Unterlagen, schaute in Schubladen nach und wurde schließlich fündig. Er legte eine Akte auf den Tisch, öffnete sie und blätterte darin, bis er auf eine Seite stieß. Es war ein Umschlag eingeheftet, den er nun heraus nahm und ein Foto ans Tageslicht beförderte. Er warf einen Blick darauf, sah sie mit ernster Miene an und drehte es herum. Thomas Gesicht schaute ihnen entgegen, kalkweiß und ernst.
Er lag auf einem Seziertisch. Man sah helle Fliesen am Rand des Bildes hervorschauen und das weiße Tuch, das über ihn gelegt war, bis zum Brustbein. Ab dort sah man nur kalkweiße Haut. Er sah friedlich aus, als würde er nur schlafen und jeden Moment aufwachen und sagen „Hey, lasst uns mal was komponieren.“
Stefanie liefen Tränen die Wangen herunter. Sie hatte diese Situation doch erst hinter sich, und nun schaute sie wieder in dieses Gesicht. Sie vermisste ihn unendlich. In ihr schien alles leer. Ihr Leben war leer, seit er fort war. Andreas fiel es schwer zu sprechen. Er rang sich jedoch dazu durch, die Bestätigung abzugeben, ehe sie sich das Foto noch länger ansehen mussten. Mit rauer gebrochener Stimme sagte er „Ja....er ist es“.
Ripper nickte und steckte das Foto zurück in den Umschlag.
Verzweiflung und Trauer spiegelte sich in den Gesichtern der drei zurückgebliebenen Monde. Sie waren wie betäubt. Es schien mit jedem mal schlimmer, mit Thomas konfrontiert zu werden, was wohl daran lag, dass der Zeitabstand, seitdem sie ihn zum letzten mal gesehen hatte, immer größer wurde und sie ihn mit jedem Tag mehr vermissten. Stefanie realisierte nicht mehr, was um sie herum geschah.
„Dann bitte ich Sie hier zu unterschreiben.“ Damit legte der Professor ihnen ein Blatt Papier vor die Nase und deutete auf eine Stelle.
Sie unterschrieben mechanisch. Dann standen sie auf und verabschiedeten sich. Auch Prof. Ripper hatte es plötzlich sehr eilig, und entschuldigte sich damit, dass er noch ein wichtiges Telefonat führen müsse. Er wünschte ihnen noch gute Besserung und ihm täte es leid, dass sie noch einmal hatten kommen müssen. Doch Stefanie sah dabei ein glitzern in seine Augen, welches sie in diesem Moment nicht fähig war zuzuordnen.
Ripper verschwand wieder in seinem Büro und nahm sofort den Hörer in die Hand. Es gab mit Sicherheit viel Neues zu erfahren.

Teil 22
Die drei Monde waren wie betäubt. Sie gingen hinaus und nahmen ihre Umwelt nicht richtig wahr. Ulf holte sie ab, er wusste, dass es ihnen mit Sicherheit nicht gut ging und wollte sie in diesem Zustand nicht auf die Straße lassen. Stefanie konnte nicht einmal mehr weinen. Sie war wie ausgesaugt. Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte sie in ihrem momentanen Zustand nicht weinen können. Sie ging mechanisch neben den anderen zum Auto, setzte sich auf den Rücksitz und schaute aus dem Fenster.
Ulf fuhr los und auf Grund der Kälte draußen und der Wärme innen liefen die Scheiben an. Stefanie beobachtet das trübe Nass wie durch einen Schleier. Es erschien ihr wie ein weißes Gespenst, das vor ihren Augen herumtanzte. Sie sah Häuser und Menschen an sich vorbei fliegen und sah sie auch nicht. Sie waren eben da, für den Bruchteil einer Sekunde. bis sie wieder verschwanden.
Der Regen klopfte gegen die Scheiben und lief in kleinen Sturzbächen daran herunter. Draußen blies der Wind und man hörte ihn gelegentlich heulen und pfeifen. Es war für die Tageszeit relativ düster und die Autos hatten die Scheinwerfer an. So kamen ihnen Lichter entgegen, die wie kleine Glühwürmchen auftauchten und vorbei schwirrten. Trotz der warmen Temperatur im Auto fror Stefanie. Andreas beobachtet sie aus den Augenwinkeln. Er sah den Kampf, der in ihr tobte. Die Grenze der schieren Verzweiflung austestend hatte der Professor heute einen weiteren Teil in ihr kaputt gemacht. Er wusste nicht, was sie dachte, und mit Scham musste er sich eingestehen, dass er es vielleicht gar nicht wissen wollte. Wie musste ein Mensch sich fühlen, der sich keinem anvertraute, sich komplett zurückzog und niemanden an sich heran ließ, sich einschloss in sich selbst und...allein war? Denn sie war allein. Er hatte Marleen. Mit ihr konnte er immer über alles reden. Hannes sprach viel mit seinem Vater. Was die Sache an sich natürlich auch nicht leichter machte. Aber sein Vater konnte ihn verstehen, schließlich hatte auch er nun einen großen Verlust, seinen jüngsten Sohn, zu beklagen. Doch Stefanie? Sie hätte mit ihnen reden können, aber ihre einzige Bezugsperson, der sie alles anvertraut hatte, war tot. Stefanie und Thomas waren ein Herz und eine Seele gewesen. Durch nichts zu trennen, durch dick und dünn gehend, bis dass der Tod sie schied. Wortwörtlich. Zerrissen.
Stefanie sah unendlich traurig aus. Sie hatte in letzte Zeit soviel geweint, dass sie nun keine Tränen mehr hatte. Die Verzweiflung, die in ihr lag, strahlte sie nach allen Seiten aus. Man wurde noch unglücklicher, wenn man sah, wie schmal sie geworden war. Sie aß kaum noch und wirkte in den Sachen, die ihr vorher gepasst hatten, nun seltsam verloren. Andreas betete darum, dass er ihr irgendwie helfen konnte. Er würde es nicht mehr lange aushalten, sie so zu sehen.
Unentwegt schaute Stefanie aus dem Fenster. Ihr Blick ging ins Leere. Die Hände waren im Schoß zusammen gelegt und zwischen die Schenkel geschoben. Ihr Körper sprach „Lasst mich in Ruhe“. Es tat Andreas in der Seele weh. Er strich ihr sanft über ihre glühend heiße Wange. Sie schien es nicht zu bemerken, oder wollte es ignorieren, denn sie zeigte keine Reaktion darauf.
Die angelaufene Scheibe nahm ihr die Sicht. Gedankenverloren hob sie die Hand und malte ein zerbrochenes Herz an die Scheibe.

Teil 23
Ulf stoppte kurz vor dem Tourbus. Keiner bewegte sich und niemand sagte ein Wort. Es gab nichts zu sagen. Kein Wort der Welt hätte das ausdrücken können, was jeder der vier in diesem Moment fühlte. Andreas betrachte stumm das in der Mitte geteilte Herz. Ihm liefen Tränen über die Wange. So verletzlich, zerbrechlich und verloren saß Stefanie in ihrem Sitz. Dieses Erlebnis fraß sie von innen auf und sie konnten von außen nur zuschauen und nichts dagegen unternehmen. Egal was sie versuchten. Andreas wollte ihren Schmerz lindern, sie heilen. Doch es war ihm nicht vergönnt, dies war nicht möglich. Er hätte ein Gott sein müssen, um es zu beeinflussen. Als Mensch und enger Freund konnte er nichts tun. Er war für sie da, doch das allein reichte nicht aus. Er erkannte es immer wieder mit Schrecken. Stefanie bewegte sich nicht. Sie wirkte wie aus Stein gemeißelt. Hannes und Ulf stiegen aus, ebenso Andreas, doch sie blieb sitzen. Sie bewegte sich nicht vom Fleck. Besorgte Blicke wechselten die Besitzer. Schließlich öffnete Andreas die Tür und schob seine Arme unter ihren Körper. Sie war so leicht, er konnte sie ohne Mühe heben. Wieder liefen ihm Tränen über die Wangen, sie in solch hilflosen Zustand zu sehen brach ihm das Herz. Man konnte schon die Knochen spüren, so dünn war sie geworden. Und das in so kurzer Zeit. Er drückte ihren Körper an sich, hielt sie ganz fest und trug sie durch den Regen zum Bus. Hannes hielt ihm die Tür auf, Er war erschöpft und machte sich Sorgen um ihren kleinen Sonnenschein. Er vermisste ihr vieles Reden, ihre lebhafte Art, sich zu behaupten und ihr Lachen. Die Zeitungen schlugen ihren Profit aus ihrer Situation und die gesamte Mannschaft der Monde verfluchte es zum ersten Mal berühmt zu sein. Anstatt sie zur Ruhe kommen zu lassen und ihr Privatleben zu schützen, trampelten sie es breit unter der Masse und traten auf den Gefühlen herum. Es gab schöne Momente im Leben eines bekannten Menschen, aber in solchen Situationen spürte man den Wunsch, nur einer von viele zu sein. Eigentlich war man das auch. Ein Mensch unter Milliarden. Ein Mensch mit Gefühlen wie jeder andere auch. Doch wurde so viel mehr von ihnen erwartet. Man hatte große Verantwortung, weil viele Teenager und Jugendliche sich an einem orientierten. Fand man etwas cool, fanden sie das auch. Sie hingen ihre Bilder auf und die Artikel füllten die Zeitungen aus. Das gefiel zumeist, doch sie hätten gerade jetzt alles für das berühmte besungene Stückel heile Welt getan.
Andreas kletterte mit Stefanie nach oben auf ihre Koje. Woher er die Kraft dazu nahm wusste er selber nicht. Sanft legte er sie ab, zog ihr die nasse Hose und ihr Shirt aus und deckte sie liebevoll zu. Er wollte nicht, dass sie krank würde, und so machte er ihr eine Wärmflasche und legte ihr diese auf den Bauch, wobei er aufpasste, dass sie nicht zu heiß war. Er wollte sie schließlich nicht verbrennen und die Haut der Frauen war zarter und dünner als die der Männer, was einer der Gründe sein konnte, weshalb sie immer froren. Vielleicht war Steffs Haut besonders dünn. Er widerstand dem Drang, es zu versuchen, da er nicht wusste ob sie schon schlief. Sollte sie wach sein und es spüren, könnte es falsch verstanden werden und das wollte er vermeiden. So kletterte er herunter und blieb noch eine ganze Weile auf den Sesseln unten sitzen, um ab und zu zu schauen, wie es ihr ging. Hannes war zu Bett gegangen und Andreas schaute auch ab und zu nach ihm. Er hatte seinen Vorhang zugezogen und brauchte Zeit für sich, was Andreas nur zu gut verstand und ihn in Ruhe ließ.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:27 pm

Teil 24
Es war vier Uhr morgens. Immer noch regnete es stark. Andreas war eine Stunde zuvor zu Bett gegangen und eingeschlafen. Auch Hannes war in einen unruhigen Schlaf gesunken. Nur Stefanie lag wach und kämpfte gegen die Müdigkeit. Sie war aus einem Alptraum erwacht und fürchtete sich, wieder einzuschlafen. Leise stand sie auf und ging in die Küche um sich ein Glas Wasser zu holen. Langsam schluckte sie das klare Nass, das ihre Kehle kühlte. Sie spürte, wie es durch ihren Hals rann und nach unten in den Magen floss.
Plötzlich spitzte sie die Ohren. Ein leises Kratzen war an der Tür zu hören. Dann ein Schaben und ein noch leiseres „Klick“. Die Tür zum Bus ging auf und vor ihr stand ein altbekanntes Gesicht.
„Laurie!“ flüsterte Stefanie fassungslos. „Was machst du denn hier?“
Erschrocken starrte das Mädchen sie an.
„Du....du bist ja hier.“ brachte sie unter stottern hervor.
„Ja... wo sollte ich sonst sein?“ fragte Steff verwundert. „Aber viel mehr interessiert mich die Frage,was du hier machst.“ Stirnrunzelnd blickte sie zu Laurie. Es missfiel ihr unübersehbar, dass die Kleine nachts in ihren Bus einbrach. Der Grund interessierte sie doch sehr. So schaute sie sie so streng an, wie es ihr möglich war, denn sie musste sich eingestehen, froh über Lauries Anwesenheit zu sein.
Schüchtern lächelte sie sie an.
“Ich...wollte dich sehen.”
Diese Aussage überraschte Stefanie sichtlich. Ihr blieb der Mund offen stehen und ihre ohnehin schon sehr großen Augen wurden noch größer. Nach einem kurzen Moment fiel Steff ihre gute Erziehung ein und sie schloss den Mund.
Die beiden schauten sich nur an. Stefanie wusste nicht, was Laurie dazu bewegt haben könnte, sie sehen zu wollen. Ihr fiel der Kuss ein und in ihr breitete sich ein ungutes Gefühl aus. Was wenn Laurie... Aber daran wollte sie nicht denken. Vorsichtig ging sie auf sie zu und schaute sie genauer an. Lauries blaues Auge war nun leicht lila, aber es war abgeschwächt und nicht mehr so stark zugeschwollen wie zuvor. Mittlerweile konnte die Jugendliche wieder relativ gut sehen und Stefanie fiel auf, dass sie in ein paar wirklich schöner Augen blickte. Sie waren nicht ganz so groß wie ihre eigenen, aber sie hatten einen schönen Farbton. Helles Grün mit einer blau-grauen Umrandung blickte ihr entgegen. Ihre Augen strahlten richtig. Gebannt standen beide voreinander und wussten nichts zu sagen. Ihre Augen wurden voneinander angezogen und schienen in einander zu versinken.
Laurie räusperte sich und schlug die Augen nieder.
“Tut mir leid, dass ich hier so reingeplatzt komme. Ich wollte nichts stehlen, sondern dich nur sehen. Ich hätte nur kurz nach dir geschaut und wäre wieder verschwunden... ich hab auch das Schloss nicht kaputt gemacht, ich hab das mit dem Zeug von meinem Onkel aufgemacht.” sprudelte sie im Flüsterton hervor.
Stefanie verkniff sich die Frage, welches Zeug das wohl war. Sie dachte sich ihren Teil und erwiderte dann ebenso leise
„Okay... ich habe auch an dich gedacht. Geht es dir gut?“ Sie erntete ein schüchteres Lächeln.
„Ja.. mir gehts gut.. Und dir?“ Sie erntete einen zweifelnden Blick. Niemandem konnte es gut gehen, in dem Zustand, in dem das Mädchen war.
Ernst schaute ihr das Mädchen in die Augen und Stefanie überkam ein mulmiges Gefühl. Noch nie hatte sie so ernste Augen gesehen.
„Mir geht es.....hm“ Sie konnte nicht lügen.
„Ihr musstet nochmal hin.“
Die überraschende Wirkung dieser Festellung war nicht zu übersehen.
„Woher weißt du das?“
„Ich habe ein Gespräch mitbekommen. Es klingelte bei uns das Telefon. Mein Onkel hat mich rausgeschickt, aber ich habe gelauscht.“
Ungläubig sah Steff Laurie an. Diese fuhr fort mit ihrer Erklärung.
„Es ist so: Nachdem mein Onkel mich rausgeschickt hat, ist er ins Wohnzimmer gegangen, Normalerweise höre ich nichts, wenn er dort ist, aber der Mann hat sich so angehört, als wäre er wichtig. Bei uns rufen nie wichtige Leute an. Also ging ich hinterher.“ Nach einer Pause, in der sie wohl versuchte sich an den genauen Wortlaut zu erinnern, sagte sie
„Der Mann am Telefon redete sehr laut. Er sagte, die drei wären gerade dort gewesen. Es sei alles in die Wege geleitet und mein Onkel solle sich keine Sorgen machen. Mein Onkel sagte, er solle an die Liste denken und hat dann aufgelegt.“
Stefanie hatte ungläubig zugehört. Was sollte in die Wege geleitet sein? Und von welcher Liste sprach Lauries Onkel?

Teil 25
Laurie nahm Steffs Hand.
„Ich muss dir noch was erzählen. Aber du musst versprechen, dass du niemandem sagst, von wem du es weißt. Es ist gefährlich, überhaupt davon zu wissen und vorher musst du mir eine wichtige Frage beantworten. Dann erst kann ich dir alles erzählen, was ich weiß. Und ich werde dich unterstützen. Doch wenn ich das tun soll, musst du mit helfen. Denn ich habe Angst und würde ich dich nicht so gern haben, würde ich das alles hier nicht machen. Ich bin schon sehr weit gegangen.“
Stefanie kam sich vor wie im falschen Film. Sie hatte wenig kapiert, von dem was Laurie gesagt hatte, aber das, was sie verstanden hatte, gefiel ihr gar nicht. Trotzdem ließ sie sich darauf ein. Sie war einfach zu neuierig, und was konnte an Wissen schon groß gefährlich sein? Schließlich wusste ja niemand, dass sie es wusste.
„Okay. Frag.“ sagte sie ruhig. Ihre innere Anspannung machte sich nur durch leichtes Zittern der Hände bemerkbar.
„Gut. Aber denk erst nach. Das Ganze ist wirklich gefährlich. Also überleg es dir gut, bevor du antwortest!“ Laurie ließ eine kleine Pause und als Steff abwartend nickte fragte sie
„Willst du wissen, was mit Thomas passiert ist?“
Mit einer Konfrontation dieser Art hatte Stefanie nicht gerechnet. Erschrocken sah sie Laurie an, die sie ihrerseits ernst anschaute und die Antwort abwartete.
„Natürlich will ich das wissen! Was ist das den für eine Frage! Was weißt du? Sag es, na los!“
Sie hatte bemekrt, dass sie drauf und dran war, laut zu werden. Da wusste diese kleine Biest etwas darüber, was mit Thomas passiert war und weshalb das alles passiert war und sagte keinen Ton. Enthielt ihnen Informationen vor, die sie brauchten. Ließ sie im Dunklen tappen, in der Luft hängen. Sie zügelte ihre Wut und blieb mit Mühe ruhig, da sie wusste, würde jemand aus dem Bus wach werden, wäre die Kleine sofort verschwunden und von Stefanie nicht zu Halten gewesen.
„Spucks aus! Was – weißt- du?“ Ihre dunklen Augen glitzerten gefährlich. Laurie hatte mit dieser Reaktion gerechnet. Furchtlos blickte sie Stefanie ins Gesicht und wählte ihre Worte sorgfältig und mit Bedacht aus.
„Ich weiß nicht viel mehr, als du. Aber ich habe einige Vermutungen, denen ich allerdings nicht alleine nachgehen kann. Es ist gefährlich, das kann ich nicht oft genug betonen. Aber ich sage dir jetzt, was ich herausgefunden habe und dann kannst du schauen, was du daraus machen willst.“

Teil 26
„Alles klar“ Stefanie überlegte nicht. Ihr Herz siegte über den Verstand und sie war erfüllt von dem Gedanken, zu wissen, weshalb Thomas hatte sterben müssen. Begierig drängte sie Laurie, ihr mehr zu erzählen. Diese sah sie an und fragte völlig zusammenhanglos
„Stefanie- warst du verliebt in ihn?“
Steff sah sie an. Diese Frage hatte sie tiefer getroffen als sie gedacht hätte. Sie war darauf unvorbereitet gewesen und begann zu stottern. Ein leises Lächeln schlich sich auf Lauries Gesicht.
„Nein....nein, ich glaube nicht. Er war....er hat mir zwar sehr viel bedeutet, aber er ist....war nur ein guter Freund...ich konnte einfach über alles mit ihm reden. Ich hab mich mit ihm am Besten verstanden aus der Band. Natürlich... ich.. also, es ist nicht so, dass ich Hannes und Nowi nicht mag, ich mag sie, ich hab sie sehr gern, aber das.. Thomas, er war.. einfach so besonders... ich vermisse selbst solche belanglosen Dinge wie ihm aus Spaß ins Gesicht zu pusten.“ Tränen stiegen ihr in die Augen. „Das habe ich bei Konzerten oft getan. Er hat mich dann immer so schelmisch angegrinst.“
Laurie nickte verständnisvoll und nahm Steffs Hand. Sie drückte sie leicht und diese erwiederte den Druck. Dann sagte Laurie:
„Ich will dir nicht zuviel Hoffnung machen, aber was würdest du tun, wenn ich dir sagen würde, dass er vielleicht gar nicht tot ist?“

Teil 27
„Was sagst du da?“
Stefanie konnte nicht glauben, was sie hörte. Ihr versagte die Stimme und so konnte sie Laurie nur stumm ansehen. Sie fühlte sich auf den Arm genommen. Thomas war tot. Sie hatte ihn doch gesehen. Gleich zweimal hatten sich die drei anschauen müssen, wie er da auf dem Tisch lag. Kalt. Weiß. Tot. Sie zischte Laurie an
„Was soll das? Er ist... tot, das weißt du ganz genau. Willst du mich mit Gewalt kaputt machen? Du mieses kleines Biest, wie konnte ich dir nur vertrauen? Ich habe dir alles erzählt, und dachte wirklich, du würdest mich verstehen. Ich habe ihn gesehen. Er lag auf diesem Tisch und war so weiß und....so ...so..“ Sie begann zu weinen.
Laurie sah sie nur an. Sie machte keine Anstalten zu gehen. Sie wartet einfach nur darauf, dass die junge Frau sich beruhigen würde. Als sie merkte, dass Steff ruhiger wurde begann sie:
„Ich mache mich nicht über dich lustig. Was ich dir jetzt sage ist mein voller Ernst, und ich bitte dich, es dir anzuhören, ehe du urteilst. Natürlich kannst du mich auch rauswerfen, wenn du das für richtig hälst. Ich allerdings halte es nicht für ausgeschlossen und würde dir nie davon erzählen, wenn ich nicht einen handfesten Verdacht hätte, der darauf schließen lässt.“
Steff sah sie mit geschwollenen Augen an. Sie stand auf und ging. Kurze Zeit später kehrte sie mit einem Päckchen Taschentücher und einem Päckchen Aspirin zurück. Erklärend sagte sie:
„Eine für mich, weil ich Kopfschmerzen bekomme und der Rest für dich, wenn du Mist erzählst“, doch Laurie erkannte anhand eines schelmischen Blitzens in den Augen, dass das nicht ganz ernst gemeint war. „Leg los.“
„Also gut. Wie gesagt, habe ich das Telefonat gehört. Warum, frage ich dich, wird mein Onkel darüber informiert, dass ihr drei in der Pathologie wart?“ Steff unterbrach sie.
„Woher weißt du, dass wir in der Pathologie waren?“ Laurie wurde rot und Steff erkannte, dass sie wohl nicht die Einzigen waren, die an diesem Tag dorthin gefahren waren.
„Okaaay, schon verstanden....weiter.“ Dankbar, dass ihr die Antwort erspart blieb, fuhr Laurie fort.
„Nun. Als mein Onkel schlief, habe ich nach der Nummer geschaut, die bei uns angerufen hat. Ich hab sie aufgeschrieben und ich habe sie dabei. Aber warte, ehe du etwas sagst! Ich bin noch nicht fertig.“ Laurie ließ Stefanie keine Zeit sie zu unterbrechen. „Es gibt noch etwas. Ich habe in dem Adressbuch meines Onkels nachgeschaut, welche Konakte er hat. Es sind ganz komische Nummern dabei und ich glaube, die kommen aus Russland. Aber sicher bin ich mir nicht. Nun frage ich mich, was für Kontakte hat man nach Russland? Ich glaube, er hat irgendein schräges Ding am Laufen. Und vielleicht ist Thomas ihm dabei in die Quere gekommen, sodass sie ihn erstmal verschwinden lassen mussten.“
Stefanies Augen wurden mt jedem bisschen, was Laurie sagte, größer. Es klang so fantastisch.
„I think I´m in the wrong film“ murmelte sie.
„Du sagst, du hast die Nummer dabei?“
„Ja.“
„Dann lass uns doch bitte nachschauen, wer da ans Telefon geht. Bitte.“
Laurie nickte nur und hatte schon bei der Frage nach der Nummer dieselbe aus der Tasche hervorgekramt und reichte sie nun an Steff weiter. Diese zückte ihr Handy doch in diesem Moment hielt Laurie sie fest.
„Halt. Warte!“
„Was ist?“ fragte Stefanie irritiert.
„Was ist, wenn sie die Nummer zurückverfolgen können? Du weißt nich, wer dran geht und was er macht, wenn er rausfindet, dass vom Tourbus angerufen wurde.“
Steff musste einsehen, dass Laurie Recht hatte.
„Warte hier.“
Mit diesen Worten lief sie auf leisen Sohlen nach oben, zog sich Jeans und Shirt an, ohne sich die Mühe zu machen Unterwäsche darunter zu ziehen. Laurie würde es egal sein und sonst würde keiner sie zu Gesicht bekommen... Es fühlte sich zwar etwas gewöhnungsbedürftig an, aber sie wollte nichts, wie wissen, wem diese Nummer gehörte. Schnell war sie wieder unten, nahm sich den Schlüssel aus Andreas Tasche und schaute Laurie an, die schon bereit neben ihr stand. Zusammen gingen sie aus dem Bus auf die dunkle Straße.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:28 pm

Teil 28
Stefanie versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie Angst hatte. Es war dunkel bis auf das Licht der Straßenlaternen und würden sie dieses Mal wieder eine Katze treffen, würde sie schreien. Sie war angespannt und achtet darauf, Laurie nicht zu verlieren. Zusammen huschten sie um die Ecke des Hauses. 300 Meter weiter war eine Telefonzelle. Anrufe, die von dort kamen, konnte man nicht zurückverfolgen. Das gab ihnen ein sicheres Gefühl, denn ihnen jagten alle möglichen Gedanken durch den Kopf, die so mancher als „Schwarzmalerei“ bezeichnet hätten. Andere hätten gesagt „Mal den Teufel nicht an die Wand“. Doch war es nur verständlich, wenn man bedachte, dass die beiden jungen Frauen allein nachts durch die Straßen liefen. Selbst wenn es um die Ecke war. Was konnte alles passieren! Erleichtert stellten sie fest, dass sie ihr Ziel erreicht hatten und betraten mit klopfendem Herzen die Telefonzelle. Draußen ging das Schwarz in ein dunkles Grau vermischt mit einem hauch Rosa über, was den angehendem Sonnenaufgang verhieß. Bei Tag wäre das Ganze mit Sicherheit nicht so beängstigend gewesen, aber problematischer und vielleicht sogar gefährlicher, da man nicht wusste, wer sie dabei beobachtete, wie sie telefonierten. An die falschen Leute weitergeleitet konnte dieses Wissen Ausmaße annehmen, die sie sich ungern ausmalen wollten. Es erschien ihnen, als wäre jeder Mensch ihr Feind.
Laurie kramte Geld hervor. Sie zitterte und es fiel ihr runter. Die beiden hofften, dass niemand das klimpern gehört hatte und bückten sich, um es einzusammeln. Etwas ließ sie inne halten. Ein Geräusch in einiger Entfernung jagte ihnen Schauer über den Rücken. Laurie fasste nach Steffs Hand und so hielten sie sich fest und warteten reglos. Das Geräusch kam näher und entpuppte sich als Betrunkener. Er wollte in die Telefonzelle, sah aber nicht die beiden Gestalten die darin hockten und sich zu Tode ängstigten. Vorsichtig fassten beide an die Tür und zogen mit aler Kraft. Ein Zug nach der anderen Seite kurze Zeit später sagte ihnen, dass sie richtig vermutet hatten: Der Mann wollte herein. Er strengte sich mächtig an, doch er bekam die Tür nicht auf.
„Scheiße verfluchte....nichmal irjendwo rein kommt man, wenn man will... zum Piepen is das.“ Laut begann er zu singen und ein Schmunzeln erschien auf den Gesichern der beiden jugen Frauen, als sie „Symphonie“ erkannten, allerdings in Eigeninterpretation.
Er verschwand und das Geräusch des singens wurde leiser bis es schließlich ganz verstummte. Nun konzentrierten sie sich wieder auf ihr eigentliches Vorhaben und versuchten die Nummer einzutippen, was unmöglich war -es war einfach zu dunkel um eine Taste zu erkennen. Das Geld reichte gerade für einen Versuch und sie konnten es sich nicht leisten, den zu verspielen. Da hatte Laurie eine Idee. Sie nutze das Licht ihres Handys dazu, die Nummer einzutippen, was auch gut funktionierte. Es wählte. Ihre Aufregung stieg und Stefanie war drauf und dran aufzulegen. Dreimal klingelte es. Dann meldete sich eine männliche Person. Beide erstarrten, als sie den Namen hörten.
Es war Kommissar Hubertes.

Teil 29
Fassungslos starrten Steff und Laurie sich an. Steff riss Laurie den Hörer aus der Hand und knallte ihn auf die Gabel. Was hatte Kommissar Hubertes damit zu tun? Plötzlich wurde ihnen bewusst, wie tiefgreifend Thomas Verschwinden war. Daran hing mehr als nur ein Selbstmord, der, ihres Empfindens nach, nun sehr unwahrscheinlich geworden war. Was war tatsächlich passiert? Hatte man ihn vielleicht aus dem Weg räumen wollen? Steff wusste ebensowenig wie ihre kleine Gefährtin, was sie davon halten sollte und die beiden beschlossen vorerst zum Tourbus zurückzukehren.
Der Weg dorthin zurück wurde schnell zurückgelegt. Keine der beiden achteten auf die Welt um sich herum. Sie liefen geduckt, im Schatten der Häuser. Die Atmosphäre um sie herum hatte sich verändert, schien bedrohlicher geworden zu sein. Stefanie zog schon 20 Meter vor dem Ziel den Schlüssel aus der Tasche. Hastig zwängte sie ihn ins Schloss, drehte ihn um und schob Laurie hinein. Hinter sich stießen sie die Tür zu und sanken erleichtert daran herunter.
Nach Atem ringend wischte Steff sich den Schweiß von der Stirn. Laurie dagegen schien der Lauf kaum etwas ausgemacht zu haben. Sie war leicht rosig, aber wirklich geschwitzt hatte sie nicht. Steffs Vermutung war, dass sie wohl schon öfter hatte flüchten müssen vor irgendetwas oder irgendwem und deshalb eine gute Kondition besaß.
Laurie griff in die Tasche und zog einen kleinen, gefaltetn Zettel heraus. Im Schein der dünnen Röhren vom Bus, die eigelbes Licht ausstrahlten, konnte man mit etwas Mühe erkennen, dass Zahlen darauf standen. Ohne Kontaktlinsen allerdings war es schwierig und so las das Mädchen Steff die Nummern vor. Drei davon waren aus Bonn und 5, die sie nicht zuordnen konnten. Vielleicht waren es Handynummern, möglicherweise auch Festnetznummern. Um das herauszufinden holte die Sängerin ihren Laptop von oben und gab bei Google nacheinander die Nummern ein. Es wurden entweder wenige oder aber gar keine Ergebnisse angezeigt, doch die wenigen, die sie hatten, wiesen nicht auf russische, wie anfangs gedacht, sondern auf ukrainische Nummern hin. Das Naheliegenste und Einfachste zu probieren, lag ihnen jedoch fern -nämlich gleich zu Anfang die Nummern aus Bonn einzutippen. Das fiel ihnen auf, als sie frustriert vor dem Display saßen und auf die letzte eingegebene (ukrainische) Nummer starrten.
Mit frischem Eifer flogen Steffs Finger über die Tastatur und innerhalb kürzester Zeit hatten sie entweder Namen oder Adressen zu den Nummern aus Bonn.
Eine Nummer gehörte einem gewissen Alfredo Tonto, die Zweite enthielt nur die Information über eine Straße und die dritte wies auf einen C. R. hin, der in der Nähe des pathologischen Institus wohnte. Was sie mit diesen Informationen anfangen wollten, mussten sich Laurie und Stefanie nicht erst gegenseitig erläutern. Es genügte ein Blick um sich zu verständigen.
„Morgen um 8 Uhr bei der Telefonzelle? “
Zustimmend nickte Steff und kurze Zeit später waren die beiden in verschiedene Karten von Google Map vertieft, die ihnen ihre Zielorte schonmal zeigen sollten.
Stefanie wusste, dass ein weiterer Alleingang gefährlich sein würde. Ebenfalls war sie sich darüber im klaren, dass es immer gefährlicher würde, je mehr sie wussten oder herausfinden würden. Ihr tat es leid, Hannes und Andreas wieder belügen zu müssen, doch wollte sie ihnen keine falschen Hoffnungen machen. Außerdem hätten die beiden die Sache der Poliuei überlassen wollen und das wollte sie auf keinen Fall riskieren, vor allem nicht, da sie nun wusste, dass es wohl einen Maulwurf dort gab. Sie mussten extrem vorsichtig sein. Es könnte sich schon als Riskio erweisen, wenn sie überhaupt mit Laurie gesehen werden würde, doch die hatte gleich einen Plan parat:
„Ich werde mir eine Mütze aufsetzen und meine Haare darunter verstecken. Wenn ich mich nicht schminke, sehe ich ein bisschen so aus wie ein Junge.“
Steff musste lächeln, denn ob der Tatsache, dass Laurie ziemlich weiblich gebaut war und weiche Rundungen besaß, die ein Junge nie haben würde, würde ihr wohl niemand abnehmen, dass sie ein Junge war.
Das sah diese in diesem Augenlick auch ein, denn sie hielt inne und grinste „Blöde Idee, was?“
Steff grinste zurück, sagte aber nichts. Ihre Stirn verzog sich und sie sah ein bisschen wie ein Dackel aus, wenn sie sich so anstrengte, eine Lösung zu finden. Laurie prustete und sagte ihr das genau so. Steff schaute sie erst entsetzt an, musste aber dann mitlachen. Sie wusste ja, dass Laurie es nicht böse meinte und steckte solche Bemerkungen deshalb gut weg. Laurie hätte sie wohl eher mit einem Esel verglichen. Das war nicht beleidigend gemeint, sondern eher im Gegenteil. Esel waren intelligente Tiere, wenn auch etwas stur, doch hatte alles, was sie taten, einen Sinn.
Laurie versprach, sich noch etwas einfallen zu lassen und meinte, sie müsste nun gehen. Ihr Onkel sollte schließlich nicht merken, dass sie weg war. Das würde unangenehme Fragen nach sich ziehen und er würde bestimmt nicht sanft mit ihr umgehen, wie sie beide wussten.
Steff umarmte Laurie wieder, behielt diesmal aber innerlich etwas Distanz. Laurie merkte das wohl, doch sagte sie nichts und lächelte sie an. Nach diesem etwas verkrampften Abschied ließ Laurie es sich jedoch nicht nehmen, Steff wieder einen Kuss zu geben und dann nochmals blitzschnell zu verschwinden. Diesmal war Steff darauf gefasst gewesen und deshalb nicht so geschockt wie am Anfang. Sie wischte jegliche Gedanken beiseite, die eine Vermutung auf die Bedeutung dieser Küsse geben könnten und schlich sich vorsichtig nach oben.

Teil 30
Sie achtete darauf, alles so zurückzulassen, wie sie es vorgefunden hatte. Den Zettel mit den Nummern hatte sie vorsorglich behalten. Was, wenn der Onkel Lauries Sachen durchwühlte und diese bei ihr fand? Sie mochte sich nicht die Folgen ausmalen. Leise ging sie zum Schrank und zog die Schublade heraus. Sie griff mit dem Nagel unter den Boden und hob den ersten, dünnen Boden heraus. Dann legte sie den Zettel darunter und den dünnen Boden wieder darauf. Das Foto von Thomas war dort gefunden worden und sonst war die Schublade leer gewesen, hatten die Jungs erzählt. Nun aber sah sie in der hinteren Ecke einen kleinen Anhänger liegen. Sie nahm ihn heraus und befühlte ihn. Das Licht der dünnen Röhren mit ihrem eigelben Licht half ihr nicht viel weiter und so schloss sie die Finger um das kleine, zarte Amulett und zog sich aus, um dann ins Bett zu klettern. Den ovalen Anhänger behielt sie die ganze Zeit über in der Hand. Er schimmerte leicht und hatte eine kühle, glatte Oberfläche. Im Licht ihres Handydisplays sah sie ihn sich genauer an. Feine, dünne Linie liefen vom äußeren Rand leicht gewellt in die Mitte wo sie zu einer Spirale übergingen die kleiner werden ihre Kreise zog um in einem kleinen Stein im Herzen des Anhängers zu enden. Er war silbern. Die Linien waren weinrot und der Stein hatte ein helles, durchscheinendes Rot.
Stefanie konnte sich nicht erinnern, dass so etwas im Besitz einer ihrer Jungs gewesen war. Sie entdeckte einen kleinen Knopf, mit dem man das Amulett öffnen konnte. Mit sanftem Druck sprang es auf und offenbarte einen Spiegel auf der rechten Seite. An die linke Seite waren mit Tesafilm einige Haare befestigt. Stefanie runzelte die Stirn. In der Mitte lag ein Zettel, fein säuberlich zusammengefaltet und so klein, wie es möglich war, einen Zettel in dieser Größe zu falten. Steff öffnete ihn und sah verschwommene Buchstaben. Ihr Augen taten weh von der Anstregung, doch ließ sich nichts erkennen. Seufzend kletterte Steff von ihrem Schlaplatz und kramte nach ihrer Brille, die sie sorgsam im Gepäck verstaut hatte, falls sie abends einmal etwas vergessen haben sollte und die Tages-Kontaktlinsen schon weggeworfen hatte. Nach kurzer Suche wurde sie fündig, setzte die Brille auf und sah nun zufrieden, wie die verschwommenen Buchstaben scharf wurden und sich zu Wörtern und Sätzen zusammenfügten. Es waren nur ein paar Zeilen, handgeschrieben und anscheinend hastig aufgekritzelt. Doch ließ sich mit Sicherheit sagen, dass diese Nachricht von Thomas stammte. Und die Nachricht darauf machte sie stutzig.

„Laurie!. Versprich -gib Steff jedes Mal einen Kuss von mir wenn du sie siehst, ich vermisse sie... und die anderen. Gott weiß, was das alles soll, ich hoffe ich werde es erfahren. Und ich hoffe ebenfalls, dass ich die Chance bekomme, es meinen drei Musketieren mitzuteilen...Petri Heil! Thomas“

Steffs Augen füllten sich mit Tränen. Deshalb ließ Laurie es sich trotz Steffs Ablehnung nie nehmen, ihr einen Kuss zu geben. Sie erfüllte ihr Versprechen, dass sie ihm gegeben hatte. Und sie hatte schon den Verdacht gehabt, sie könnte sich in sie verliebt haben. Warum hatte sie ihr nie etwas gesagt? Wann hatte sie diese Nachricht erhalten? Zu diesem Zeitpunkt schien Thomas schon verschwunden gewesen zu sein. Wie hatte sie dann Kontakt mit ihm haben können? Und warum hatte sie das verschwiegen?
Seine drei Muskettiere hatte er sie liebervoll genannt. Seine drei Kämpfer. Er wusste, welche Sorgen sie sich machen würden. Doch klang es, als würde er sich fast größere Sorgen um sie machen, als um ihn. Er ließ sich nie gerne in die Karten schauen, doch merkte man es ihm an, wenn er sich Sorgen machte. Er konnte Gefühle nur sehr schwer verbergen und gerade die Monde kannten sich so gut, dass es ihm dort nicht mehr gelang.
Steff las den Zettel immer und immer wieder. Was meinte er nur mit „Petri Heil“ am Ende? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Es war kein Anhaltspunkt enthalten, der sie auf eine Spur lenken könnte.
Ihre einzige Hoffunung war, dass Laurie ihr am nächsten Tag weiterhelfen würde.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:29 pm

Teil 31
Stefanie schlief mehr schlecht als recht. Sie wälzte sich durchs Bett. Bilder und Stimmen rasten durch ihren Kopf, verschwommen und verzerrten sich bis zur Unkenntlichkeit. Lauter und leiser hallten Rufe und Schreie in ihrem Kopf und vermischten sich zu einem Sirren, aus dem einige Sätze hervorstachen, die lauter als die anderen Stimmen waren und sie in den Wahnsinn trieben.
„..bsssss....du darfst es nicht zulassen...“
„...es ist alles in Ordnung....“
„....was soll das....“
„...hast du noch nicht genug??“
„..sei still!!!“
„.....nichts ist besser als der Tod für ihn..“
„...du kannst ihm nicht helfen es ist zu spät...“
„..meine drei Musketiere...“
„...Hubertes, guten Abend!?..“
„Petri Heil! Petri Heil! Petri Heil! PETRI HEIL!!!“
Die Farbwirbel um sie herum machten sie verrückt. Gesichter rasten auf sie zu, umkreisten sie.
Thomas tauchte vor ihren Augen auf, verschwamm, wurde zu Hubertes und plötzlich starrten Professor Rippers kleine, rote Augen sie an. Laurie tauchte auf, griff nach ihrer Hand, um sie zu halten, doch sie fiel in einen dunklen Abgrund. Vor ihr verschwanden die Gesichter, die nach ihr riefen und um sie blieb nur Dunkelheit.
„Steffi....SteffStefanieStefanieSteff.....Stefanie!“

Schweißgebadet wachte sie auf. Ihr Atem ging schwer. Sie wollte die Augen nicht mehr schließen, fürchtete sich vor dem, was sie sehen könnte. Wie sie diese Alpträume hasste! Früher hatte Thomas sie getröstet. Doch nun war da niemand mehr, der ihre Hand hielt. Hannes und Nowi hatten sie immer nur ausgelacht, wenn sie mit vor Schreck geweitetn Augen davon berichtet hatte, von einem Ex-Freund erstochen worden zu sein. Nun erntete sie stes besorgte Blicke, wenn sie wieder einmal schreiend aufgewacht war. Doch niemals nahm einer der Jungs sie in den Arm. Sie hielten Abstand ein und sie fragte sich, ob sie etwas verpasst hatte. Sie verhielten sich gerade so, als hätte sie etwas ansteckendes!
Es war 11:30 Uhr. Sie verspürte keinen Hunger. Zu viele Gedanken rasten noch durch ihren Kopf. Sie schlug mit der Hand gegen ihre Stirn.
„Geht da weg. Haut da endlich ab!“
Doch die Gedanken blieben. In breitete sich das Gefühl aus, schreien zu wollen. Ganz plötzlich kam es und sie schaffte es nurmit Mühe, zu unterdrücken, diesem Drang nachzukommen.
Sie ging ins Bad, entledigte sich der Boxershorts, die Thomas ihr einmal geschenkt hatte und die sie beim schlafen seitdem gerne trug, und ihres T-Shirts und atmete erstmal kurz durch. Es war, als wären mit ihrer Kleidung auch die Sorgen abgefallen und sie fühlte sich zum ersten mal seit langem wieder frei. Langsam stieg sie unter die Dusche und fühlte befriedigt, wie das warme Wasser ihre Haut hinunterrann und ihr ein trügerisches Gefühl der Geborgenheit vermittelte. Es lullte sie ein und sie lehnte sich an die Wand und stand für ein paar Minuten nur da, mit geschlossenen Augen. Sie spürte die kühlen Fliesen an ihrem Rücken, das warme Wasser, das über ihre Brust nach untern lief und den Dampf, der nach oben stieg. Das Wasser prasselte auf den Boden und gegen den Duschvorhang. Es hörte sich an wie Regen.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:30 pm

Teil 32
Noch während Steff unter der Dusche stand, hörte sie, dass Hannes aufstand. Nowi war, wie immer, seit 8 Uhr wach und schon bei einem Spaziergang durch die Stadt. Das macht den Kopf frei und bringt einen auf andere Gedanken, pflegte er zu sagen. Kurze Zeit später ging die Badezimmertür auf und Hannes kam verschlafen herein. Sein Haar war noch zerzaust, seine Boxershorts gefährlich weit nach unten gerutscht und er streckte sich ausgiebig, ehe er zum Spiegel schlurfte und sich die Zähne putzte. Er kippte das Fenster an und der Spiegel beschlug beim auftreffen der kalten Luft mit der warmen. Die kühle Brise machte sich auf der Haut der Sängerin bemerkbar und sie fröstelte. Hannes stutzte und bei einem genaueren Blick in den Spiegel sah er Steffs Umrisse hinter dem glasigen Vorhang der Dusche stehen. Das Wasser lief immer noch und er sprang rasch wieder zum Fenster, um es zu schließen.
„Tut mir leid, Kleine. Ich hab nicht bemerkt, dass du hier bist.“
Das Geräusch des prasselnden Wassers verstummte.
Dann schob sich der Vorhang ein wenig zur Seite und ein Arm wurde hinaus gestreckt.
Lächelnd gab Hannes ihr ein Handtuch und sie kam in dasselbe gewickelt heraus.
„Schon in Ordnung. Ich hätte ja etwas sagen können.“
Damit verschwand sie nach draußen, um sich die Haare zu föhnen. Minuten später kam Hannes aus dem Bad. Seine Haare waren noch nass. Er schüttelte sich und spritze Stefanie mit kleinen Wassertröpfchen voll.
Sie schauderte und schrie auf. Das kalte Wasser auf der warmen Haut war wie ein Sommerregen. Die Tröpfchen hatten die Wirkung von kleinen Nadelstichen.
„Hey... tut mir leid wegen eben. Wirklich. Wenn ich gewusst hätte, dass du...“
„Das hat uns doch sonst nicht gestört, oder?“ Sie machte eine Pause. „Es ist wirklich nicht schlimm. Wie gesagt – ich hätte ja was sagen können.“
„Du bist nicht sauer?“
„Nein. Natürlich nicht.... Bitte, Hannes -fass mich nicht immer an wie ein rohes Ei...“ Traurig sah sie zu ihm auf.
„Ja.... tut mir leid.“ Betroffen sah er sie an und ihm wurde klar, wie verletzt sie sein musste, aufgrund des Verhaltens der beiden, das sie an den Tag gelegt hatten seit Thomas Verschwinden. Sie hatten sie größtenteils in Ruhe gelassen und gedacht ihr würde es besser gehen, wenn sie nicht über all das Geschehene reden müsse. Scheinbar jedoch hatte sie sehr darunter gelitten, niemanden zum reden zu haben. Vielleicht hatte sie sich deshalb so zurückgezogen, weil sie sich verlassen gefühlt hatte von ihnen und der Welt. Auch wenn jeder unter dem Verlust seines kleinen Bruders litt, hätte man doch auf sie eingehen müssen. Sie waren wie eine kleine Familie zusammengewachsen und hatten doch nun das Falsche getan. Wie schwer musste es Stefanie nur haben, allein unter Männern, die sie nicht verstanden. Thomas hatte sie von allem am besten verstanden, doch war er nun fort. Sie litt darunter, das wusste jeder. Man hätte für sie da sein müssen. Andreas hatte es noch am Besten gemacht. Er hatte sie in den Arm genommen, war für sie da gewesen. Er hatte nicht mal mit ihr reden müssen. Ihr hatte es geholfen, allein, dass er da war.
Hannes hätte sich ohrfeigen können. Er machte sich Vorwürfe. Stefnaie nahm seine Hand. Er ärgerte sich, denn dies war eine ihm nur allzubekannte Geste von ihr, die sie immer dann nutzte, wenn sie jemanden durchschaut hatte in solch einer Situation. Sie lächelte sanft.
„Du hast wieder deinen Dackelblick.“ erklärte sie ihm.
Das sagte alles. Er sah aus wie drei tage Regenwetter und schaute mit großen Hundeaugen in die Gegend
„Na toll Hannes! Jetzt tröstet sie dich. Es sollte eigentlich andersherum sein! Woher nimmt die Kleine nur diese Stärke?“ fragte er sich in Gedanken.
„Die Kleine“ hätte selber keine Antowrt darauf gewusst, wäre sie gefragt worden. Sie schöpfte aus Reserven Kraft, von denen sie nicht gewusst hatte, dass sie überhaupt existierten. Und sie war so fertig, schrie im Inneren, doch tröstete sie den Rest der Crew ebenso wie ihre Bandmitglieder. Seit sie die Hoffnung hatte, dass Laurie vielleicht richtig vermutete, und es ein Lebenszeichen von Thomas gab, das nach seinem Verschwinden entstanden war, strahlte sie eine unbegreifliche Ruhe auf alle aus, die um sie herum waren. Es war als würde ein Engel, oder ein anderes magisches Wesen den Raum betreten und sofort wurde alles friedlich. Die Welt schien heller zu sein, wenn sie da war. Und auch, wenn keiner davon wusste, und niemand wusste, was da geschah, spürte es jeder.
Hannes stand vor Stefanie und schaute sie nur an. Sein Blick glitt über ihr Gesicht. Ihre glatte Stirn, dichte, säuberlich gezupfte Brauen, große braune Augen, die zierliche Nase ,über ihre sinnlichen, vollen Lippen. Das Kinn leicht nach vorne geschoben, wie sie es immer machte, wenn sie verärgert war oder Tränen zu unterdrücken suchte. Diesmal fiel es ihr schwerer als sonst. Ihre Lippen zitterten leicht und ihre Augen wurden feucht und glitzerten gefährlich. Hannes stiegen nun auch Tränen in die Augen und er zog Stefanie sanft zu sich heran und schloss sie in seine Arme. Die junge Frau schloss die Augen und schmiegte sich an ihn, froh, dass er da war. Sie sog die Wärme seines Körpers in sich auf, wollte sie speichern in sich. Dann stellte sie sich vor, dass sie diese Wärme ihn einer Situation, der sie sich nicht gewachsen fühlte, wieder hervorrufen konnte und ein wohliger Schauer überzog ihre Haut.

Hiermit bin ich nicht ganz zufrieden...
Teil 33
Als Hannes und Stefanie sich voneinander lösten sahen sie sich wiederrum nur an. Hannes hielt immer noch Steffs Hand. Warm und leicht lag sie in seiner. Zärtlich strich er über die weiche Haut und lächelte sie an.
„Ich bin froh, dass du da bist..“ flüsterte sie leise.
„Und ich erst. Ich bin froh, dich damals getroffen zu haben. Uns hätte nichts besseres passieren können, als dich kennenzulernen. Du bist unser Fels in der Brandung... du hälst den stärksten Wellen stand, stehst mutig und stolz mitten drin.. während dich das Wasser umspült und versucht dich zu schwächen. Doch du bist nicht nur einfach der Fels in der Brandung. Felsen sind grau und hart. Du aber bist mit schillerndem Samt überzogen. Du bist weich und mitfühlend, und lässt uns nie im Stich, egal wie schlecht es dir geht. Immer wieder schaffst du es, Farbe in unser Leben zu bringen. Du beschützt uns nicht nur vor den Wellen, sondern auch vor den Wolken, die uns das Licht und die Farben des Lebens entziehen wollen.“
Stefanie blickte auf den Boden. Ihr Herz klopfte laut und schnell. Die Worte waren wie Strom, der durch ihren Körper floss und sie umspielte. Er ließ ihr die Häärchen vom Körper stehen, elektrisierte sie, brachte ihr Blut zum pulsieren. Es war Balsam, der um ihr Herz gelegt wurde. Hannes hob die Hand, zog sanft ihr Kinn in Richtung des Himmels und zwang sie so, ihn anzusehen.
„Wir wären nichts ohne deine Power, Kleine.“ Und dann strömte es. Tränen der Rührung liefen über ihre rosigen Wange.
„Schhht... nicht weinen...“ flüsterte der ältere Stollebruder. Er wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. Mit nassen Augen sah sie ihn an. Sie wusste plötzlich, dass alles gut werden würde. Es war ein plötzliches Gefühl, eine Eingebung. Sie fühlte Wärme durch ihren Körper strömen. Und dann lächelte sie Hannes an. Erst zaghaft, dann wurde ihr Lächeln breiter und schließlich blitzten sogar ihre Zähne hervor. Auch Hannes lächelte. Und mit ihrem Lächeln wurde der Bassist der Silbermonde immer glücklicher und es erschien ihm, als würde die Sonne vor ihm aufgehen. Sanft drückte er ihre Hand und als der leichte Druck erwidert wurde, war er noch glücklicher.
„Wir schaffen das.“ sagte er nur. Eine Welle des Glücks hatte ihn überschwemmt beim Anblick des Lächelns der 24jährigen.
„Ja, wir schaffen das.“ war die klare Antwort ihrerseits.
Eine Hand legte sich von hinten auf die Schulern der beiden Menschen. Nowis Gesicht tauchte neben ihnen auf und auch er lächelte.
„Natürlich schaffen wir das.“
Dann schwiegen alle in stillem Einvernehmen.

Teil 34
Von hinten meldete sich eine leise Stimme.
„Ähm...hy..“
Die drei drehten sich um und starrten mit glasigen Augen auf das Mädchen, das dort stand und schüchtern in die Runde blickte.
„Laurie.“ Steffs Lächeln wurde noch breiter.
„Hannes, Andi, darf ich euch Laurie vorstellen? Sie hat mir geholfen, als ich.. .als ich mich verlaufen hatte.“ Laurie ließ sich nicht anmerken, was sie dachte und begrüßte den Schlagwerker und den Bassisten mit freundlichem Lächeln und Händedruck.
„Du bist das also.. ohne dich hätte Steff sicherlich noch ernsthafte Probleme bekomen. Man weiß ja nie, wer da draußen so rumläuft. Steff ist eine wirklich schöne Frau, das muss man sehen und da kann schon einiges passieren wenn da ein hergelaufeneder Lump ihr an die Wäsche will, schließlich ist bekannt, dass....“
Durch einen plötzlichen, heftigen Hustanfall unterbrach diese die Rede und zwinkerte Laurie unmerklich zu. Diese wiederum grinste leicht und klopfte ihr auf den Rücken.
„Alles in Ordnung?“ fragte sie ernst. Jedoch war ein schelmisches Blitzen in ihren grünen Augen getreten.
„Ja... ja, alles.. in Ordnung“ brachte Steff mit weiteren Hustern hervor. „Es geht schon wieder.“
Hannes war sogleich geschäftig Richtung Küche geeilt, um ihr ein Glas Wasser zu besorgen, welches er nun hastig in die Hand gab und sie drängte, einen Schluck zu trinken.
Verständnislos sah Andreas ihn an. „Sie lebt noch“ stellte er sachlich fest.
Steff musste lachen. Dass sie gerade einen Schluck Wasser genommen hatte, hatte zum Nachteil, dass sie durch den Lachreiz alles herausprustete. Winzige Tropfen flogen durch die Luft und landeten auf dem Boden.
Nun konnte sich auch der Rest nicht mehr zurückhalten.
Andreas wischte sich die Lachtränen aus dem Auge. „Steff, eine Sprenkleranlage ist nur nötig, wenn es brennt.“
Errötend sah sie in die Runde und wusste nicht, wohin sie blickend sollte.
„Oh Gott, tut mir leid.. oh nein, das wollte ich nicht, mist.. Ohhh.. tut mir leid..“ Ihre Art, sich für alles, was schief lief, tausend Mal zu entschuldigen, war allgemein bekannt. Es war ihr furchtbar peinlich, und doch nahm keiner es ihr übel. Man konnte einfach nicht. Sie schaute so süß aus, wenn ihr etwas peinlich war. Beim Konzert in Bonn einige Wochen zuvor hatte sie Andreas mit einem Handtuch geschlagen und sein kleines Gerät war ihm heruntergefallen. Daraufhin hatte sie die Hand vor den Mund geschlagen und sich unter ihrem Handtuch versteckt.
„Steff mach nen Punkt.“ sagte Nowi ruhig.
„Okay“ sagte sie, immer noch rot und schaute in vier grinsende Gesichter.
Sie wollte sich verkrümeln, aber Laurie fasste aus dem Hintergrund nach ihrer Hand und hielt sie fest.
Steff sah sie irritiert an, doch das Mädchen lächelte sie nur an und hielt sie weiter fest.
Jeder im Raum begriff diese Geste. >>>Du musst nicht gehen. Das ist nichts peinliches, sondern nur lustig. Aber keiner lacht hier über dich. Niemand lacht dich aus. Wir lachen alle miteinander.<<< Auch die Sängerin verstand jetzt, was die Blicke ihr sagten und grinste nur freudig in die Runde.
„Na also. Und jetzt bin ich dafür, dass wir uns hinsetzen und ein Stück Schokoladenkuchen essen.“ grinste Hannes.
„Was? Um diese Zeit?“
„Ähm, ja, warum nicht?“
„Hannes, du Fressack“ lachte Steff.
„Pfft! Ihr müsst ja nichts essen, dann ess ich den Schokoladenkuchen eben alleine!“
Der Lärmpegel im Raum stieg aufgrund den allgemeinen Protestes, der von allen Seiten geäußert wurde.
„Also, doch... „
„Ein Stück würde ich dann doch schon nehmen....“
„Ach, gegen Kuchen ist doch nichts einzuwenden...“
„Der schmeckt doch immer!“
„Ehe du alles alleine isst..!“
Hannes grinste nur und begab sich, gefolgt vom Rest der hungrigen Meute, in die Küche.
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:30 pm

Teil 35
Nachdem jeder seinen Kuchen erhalten hatte, war es sehr ruhig geworden. Still mampfte jeder sein Stück und besonders Hannes war dabei ausgesprochen vergnügt.
Laurie hatte sich auf einen Sitz am Fenster verkrümelt und nahm beim Essen ihre Umgebung etwas genauer unter die Lupe. Ihr Blick wanderte zur Uhr, die im Tourbus hing und sah, dass sie stehen geblieben war.
„Wie spät ist es?“ fragte sie, an die Monde gewandt.
„Schau mal, dort oben hängt eine Uhr, da...oh!“ Steff bemerkte, dass die Zeiger auf 4 Uhr nachts stehen geblieben waren. „Andy, hattest du nicht gesagt du wolltest die Batterien wechseln?“
„Das hab ich doch gemacht! Ich hab neue gekauft und die gestern reingetan.“
Verwirrite Blicke wurden gewechselt.
„Naja, dann hol ich mal eben zwei Neue... zum Glück gibt’s die im Vierer Pack!“ Damit stand Nowi auf und begab sich nach unten.
Hannes währenddessen stand auf, um die Uhr abzuhängen. Dabei entdeckte er, dass die Batterien darin noch voll waren. Überrascht schaute er Steff und Laurie an.
„Die Batterien sind noch voll“ Nicht weniger überrascht sahen die beiden jungen Frauen ihn an und ein Schatten huschte über Lauries Gesicht.
„Warum geht dann die Uhr nicht?“
Hannes nahm sich einen Schraubenzieher aus der Schublade und schraubte die Uhr auf. Innen drin befanden sich Zahnräder, Schräubchen und Häkchen, doch nichts bewegte sich. Nachdem Hannes das Problem erfolglos gesucht hatte, kam Andy die Treppe hoch und sah verdutzt die vollen Batterien in der Uhr.
„Was? Wollt ihr mich verarschen?“ Natürlich schaute er gleich wieder auf Hannes, da dieser besonders gerne seine Späße mit ihm trieb. Dieser jedoch zuckte arglos die Schultern.
„Heute war ich lieb“
Andreas schnaubte und wandte sich nun dem Problem zu. Auch er suchte erfolglos in dem Wirrwarr von Zahnrädern. Steff schaute ihnen neugierig über die Schulter.
„Sagt mal... kann es nicht das sein?“ Sie zeigte auf ein kleines Häkchen, das anscheinend etwas verbogen war und so ein Zahnrad daran hinderte, sich fortzubewegen.
Verblüfft schauten die beiden Männer sie an, dann bogen sie das Häkchen zurück -und die Uhr begann zu ticken. Grinsend schaute sie von einem zum anderen.
„Was würdet ihr nur ohne mich machen?“
„Hmpf...“ Hannes begann trocken zu husten und setzte sich in einen Sitz, wo er interessiert in „Die Bunte“ zu blättern begann. Andy gesellte sich zu ihm. Laurie und Steff tauschten Blicke und grinsten. >>Männer<< sagte der Blick. Schließlich winkte die Sängerin dem Mädchen zu und die beiden verschwanden nach unten. Steff holte noch schnell ihr Handy und ihre Geldbörse, dann ging sie nach draußen. Es war angenehm. Ein leichter Wind wehte und die Sonne schien zwischen weißen Wattewölkchen hervor. Laurie schloß einen Moment die Augen und genoss es die Sonne auf der Haut zu spüren. Die Strahlen verursachten ein angenehmes Prickeln auf der Haut. Dann öffnete sie sie wieder, blinzelte in die Sonne und eine Euphoriewelle überkam sie.
„Die Sonne macht mir immer so gute Laune.“
„Ja, mir auch...die Strahlen gehen durch und durch.... das Licht und die Wärme sind toll.“
„Was ich auch mag... ist, wenn es gerade geregnet hat... Der Geruch vom Regen. Das merkt man besonders draußen, wenn man im Wald ist. Das riecht so -frisch...Ich kann das nicht beschreiben.“ sagte Laurie träumersich. Steff stimmte ihr zu.
„Richtig... ich bin ja selber auf dem Land aufgewachsen. Daher kenne ich das.“
Still liefen sie nebeneinander her auf die Treppen zu, die nach oben auf den Platz führten, auf dem die Leute beim Konzert gestanden hatten. Dort setzten sie sich auf die Stufen, die von der Sonne angenehm warm waren.
Mit einem Blick auf die Sängerin fragte Laurie schließlich, ob ihr kalt wäre. Diese lachte und meinte
„Nein, momentan ist mir nicht kalt.“
Nach einem kurzen Moment der Stille fuhr das Mädchen fort.
„Weißt du, weshalb es möglich ist, dass dir immer kalt ist?“ Sie wartete keine Antwort ab. „Es könnte Schlafmangel sein, aber da du anscheinend viel und gerne schläfst, schließ ich das mal aus. Eine weitere Möglichkeit ist Eisenmangel. Das habe ich mal gelesen. Wenn man schnell müde wird und blass ist, ist es oft so, weil man Eisenmangel hat. Mir fällt ein, dass dabei stand, dass man dann ein Stück Ingwer mit kochendem Wasser überbrühen soll. Das kurbelt die Zirkulation des Blutes an.“
Auf diese Erklärung erntete sie einen erstaunten Blick.
„Woher..... woher hast du das denn?“
„Ich weiß nicht mehr genau. Es stand einmal in einer Zeitschrift. Ich dachte, es hilft dir vielleicht, weil du ja immer schnell frierst.“
„Danke. Das ist wirklich lieb von dir.“ sagte Steff lächelnd. Sie bemerkte, dass ein roter Schimmer das Gesicht der Jugendlichen überzog und grinste. Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, stand Laurie auf und sagte:
„Was ich eigentlich wollte.. ich weiß, wir waren erst um 8 verabredet, aber... mal davon abgesehen, dass du die Zeit sowieso verpasst hättest, wollte ich dich fragen, ob du vielleicht einen kleinen Anhänger gefunden hast. Er bedeutet mir sehr viel.“
Stefanie wurde hellhörig. Sie wusste genau, welcher gemeint war, tat jeoch zunächst belanglos.
„So? Wie sah er denn aus?“
„Er war silbern mit roten Linien und in der Mitte war ein roter Stein.“
„Mhh.. warte, ich seh mal nach. Vielleicht haben ja auch die Jungs etwas gesehen..“ Damit stand auch sie auf und lief die Treppe hinunter. Der Tourbus verschluckte sie einige Minuten, dann kam sie zurück und sagte zu Laurie
„Ich habe hier tatsächlich einen Anhänger..“.Sie ließ ihn an der silbernen Kette, die daran war, von der Hand baumeln.
“Ist es der hier?“
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BeitragThema: Re: Versch(t)ollen   Versch(t)ollen EmptyMo Okt 22, 2007 8:33 pm

Teil 36
„Ja! Das ist er! Oh, danke...ich dachte ich würde ihn nie wieder bekommen.. du warst meine letzte Hoffnung!“
Laurie griff nach dem Anhänger, doch Steff zog ihn weg. Irritierte Blicke trafen sie, doch sie blieb hart.
„Erst möchte ich, dass du mir erzählst, was das alles zu bedeuten hat.“
„Was was zu bedeuten hat?“
„Du weißt ganz genau, was ich meine. In diesem Anhänger ist ein Zettel und dieser Zettel ist von Thomas! Und er wurde definitiv nach seinem Verschwinden geschrieben. Du musst also Kontakt zu ihm gehabt haben. Erklär mir das!
Schuldbewusst sah Laurie zu Boden. In ihr tobte ein Kampf. Sie wollte Steff ja helfen, aber war es nicht zu gefährlich, wenn sie ihr alles erzählte, was sie wusste? Auf der anderen Seite würde die junge Frau, die nun wie ein Racheengel vor ihr stand und sie aus blitzenden Augen fixierte, sie um einen Kopf kürzer machen, wenn sie nicht mit der Sprache herausrückte. Seufzend schaute sie über den Platz.
„Also gut. Aber ich möchte dir das ungern hier erzählen. Ich weiß nicht, wer alles mithören kann. Ich denke es ist am Besten, wir gehen in die Wohnung meines Onkels. Er ist nicht da zur Zeit und wird auch erst in einigen Tagen wiederkommen. Bitte Stefanie! Es ist zu gefährlich, ich habe Angst.“
Nach kurzem Überlegen nickte die 23 jährige und folgte Laurie. Sie gingen durch die Unterführung auf die andere Straßenseite und bogen dann in die nächste Straße ein. Stefanie erkannte den Weg, den sie anfangs genommen hatte und ihr kamen unangenehme Erinnerungen in den Sinn. Still liefen sie durch die Straßen. Ungeduld kroch in ihr hoch und sie zügelte sich, da sie wusste, dass Laurie ihr hier nichts sagen würde. Sie lief einen Schritt schneller und merkte nicht einmal, dass sie drauf und dran war, an dem Eingang vorbeizulaufen. Laurie bremste sie im letzten Moment.
„Hey Steff! Du schießt übers Ziel hinaus.“
„Was? -Oh...“ Damit betraten sie das Haus. Sofort überfiel sie wieder der modrige Geruch und das düstere Flair des Hauses. Still stiegen sie die Stufen hinauf und gingen durch den Gang des vierten Stocks bis zur Wohnungstür der Schmadiczis. Laurie schloss auf und sie betraten die Wohnung.
Stefanie sah sich um. Die Wohnung wirkte genauso düster wie der Rest des Hauses. Neben der Eingangstür stand eine Kommode aus Spanplatten, die in einem dunklen Braunton gestrichen worden war. Die Tapete war ursprünglich wohl einmal weiß gewesen. Sie war besonders an den Rändern leicht gelblich und wies zahlreiche Flecken in den verschiedensten Nuancen auf. Laurie ging weiter durch das Wohnzimmer in ihr Zimmer und ließ es der jungen Frau frei, ihr zu folgen oder nicht. Diese blieb einen Moment lang stehen und holte tief Luft. Auf dem Tisch standen einige geleerte Flaschen Bier und ein voller Aschenbecher, die einen unangenehmen Geruch verbreiteten. Die Couch im 60´s Stil war abgewetzt und zerschroten.Dem Schrank fehlte eine Tür und er war augenscheinlich nicht sonderlich geschont worden. Jeder der Kratzer, Risse und Löcher erzählte eine andere Geschichte. Krümel lagen quer durch den Raum verteilt, Flecken von Bier und anderen Substanzen, von denen Stefanie gar nicht erst wissen wollte, welche es waren, trugen ihren Teil zum Gesamtbild der völligen Verwüstung bei. Der Teppich, ebenso fleckig wie durchgelaufen, hatte Falten und auch hier sah die Tapete nicht besser aus wie daheim. Stefanie fiel auf, dass sie an einer Stelle abgefetzt war. Ihr wurde schlecht und sie lief hinter Laurie her, in das nächste Zimmer.
Es war das Zimmer von Laurie und ihr bot sich überraschenderweise ein völlig anderes Bild.Im Gegensatz zu den anderen Zimmern war es sauber und ordentlich. Durch ein Fenster schien die Sonne herein und ließ den Raum anheimelnd und freundlich wirken. Eine Wand war terrakottafarben gestrichen, die anderen in sanftem Apricot gehalten, was ein italienisches Flair verbreitete. Ein Korbstuhl stand in der Ecke vor einem kleinen, runden Bistrotisch. Darüber hing ein Holzregal, auf dem unzählige Bücher und ein paar Cds standen. Vor dem Fenster stand eine Schlafcouch. Ihr gegenüber stand eine weitere Kommode, in der wohl die Kleidung des Mädchen aufbewahrt wurde. Eine ca 1,50m große Palme stand neben der Couch.
In diesem Zimmer fühlte Stefanie sich sofort wohl. Laurie warf ihr einen Blick zu und sagte dann
„Ähm- willst du dort ewig stehen bleiben? Du kannst dich ruhig setzen...im Gegensatz zu meinem Onkel halte ich alles sauber.“ Erklärend fügte sie hinzu: „Ich habe eigentlich auch drüben immer sauber gemacht. Aber irgendwann schrie er mich an, ich solle meine Finger von seinen Sachen lassen, das würde mich gar nichts angehen. Er drohte mir mit Rausschmiss, falls ich mich nicht daran halte.“
Stefanie nickte. Sie hatte schließlich schon einen Eindruck von dem Mann bekommen und der war nicht besonders gut ausgefallen.
„Also.. du willst alles wissen....Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Es ist unbegreifbar...“ Laurie fuhr sich durchs Haar. Ihre linke Hand klammerte sich um die Lehne des Korbstuhls, auf dem Stefanie Platz genommen hatte.
„Fang einfach von vorne an.“
„Das ist leichter gesagt als getan.“
„Warum?“
„Weil es hier keinen richtigen Anfang gibt...es hat sich alles so angeschlichen, und plötzlich war ich mittendrin.. Ich komme mir wirklich schäbig vor.“
Damit begann Laurie zu erzählen.
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